Geography Reference
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Sichtweise auf die „Thematische Kartographie“ hat eine lange Tradition, wes-
halb die Kategorie der thematic maps (etwa in Differenz zu general oder refe-
rence maps ) von nicht wenigen Kartographen grundsätzlich abgelehnt wird (vgl.
Wood 2010: 125f.).
Nichtsdestoweniger muss eine unterschiedslose Integration von menschli-
chen und nicht-menschlichen Informationen auf einer Karte nicht notwendiger-
weise zu einer navigatorischen Interpretation von Karten führen. Ein mimeti-
scher Kartierungsimpuls ist nach wie vor möglich, wenn nicht sogar noch viel
wahrscheinlicher, wenn sehr heterogene und zudem zeitvariable Informationen
Karten machen. unübersichtlich und in ihrer verräumlichenden oder verortenden
Indexikalität nicht mehr erkennbar sind, wie dies bei Google Earth aber auch bei
mobilen Augmented-Reality-Apps wie Layar (vgl. Abb. 1) häufig der Fall ist.
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Die Entschleierung der Geographien
Eine prominente ‚neogeographische' Behauptung, die auch von November et al.
(2010) vertreten wird, lautet, dass die Verbreitung digitaler Technologien auch
Nicht-Experten und Nicht-Geographen erlaubt, den Modus der Karteninterpreta-
tion zu variieren. Es ist allerdings ein gängiges Missverständnis zu glauben, dass
die unter dem Begriff des „web2.0“ firmierten Vernetzungs-, Kommunikations-
und Medienpraktiken neue Möglichkeiten der Mitgestaltung, Partizipation und
Demokratisierung geographischer Räume eröffnen würde. Bei einer genaueren
historischen Betrachtung stellt sich heraus, dass Möglichkeiten lediglich sichtba-
rer geworden sind, die zuvor eher im Verborgenen und unter Hinzuziehung einer
Differenzierung in Eingeweihte und Nichteingeweihte (Professionelle vs. Ama-
teure) künstlich getrennt wurden. Diese standesgemäße Trennung beruhte letzt-
lich auf Standards, die durch digitale Medien und deren Interfaces rekonfiguriert
wurden und werden. Gleichwohl bleiben Standards erhalten, wenn auch heute
vermehrt in algorithmischer Form. Das individuelle Wachstumsmodell des „le-
benslangen Lernens“ kennt nur mehr das Prinzip der Professionalisierung in
sämtlichen Lebensbereichen.
Bei einer tiefer gehenden Betrachtung stellt sich zudem heraus, dass die
Möglichkeiten der Partizipation lediglich in einem neuen Gewand erscheinen.
Ob wir es tatsächlich mit einer neuen „Leichtigkeit der Navigation“ (November
et al. 2010: 583) zu tun haben, die es „einer viel breiteren Öffentlichkeit erlaubt,
von einer mimetischen zu einer navigatorischen Interpretation von Karten zu
wechseln“ (ebd.: 596) muss sich erst noch erweisen, denn vergleichbare neokar-
tographische Entwicklungen, die ebenfalls der Datenakkumulation und Daten-
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