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sen möchten, was mehr ist als bloße Erziehung und sich nicht auf bloße Qualifi-
kationserfordernisse reduzieren lässt, von denen die Schul- und Unterrichtspoli-
tik bestimmt ist“ (Prange 2011: 59-60).
In der pädagogischen Biographieforschung werden Bildungshandlungen
nicht als „einzelne Schritte der Aneignung“ konzipiert, sondern als „Prozesse der
Verarbeitung, Verknüpfung und (Trans-)Formation von Lernprozessen“, die erst
in ihrer „biografischen Erfahrungsgestalt“ und damit jenseits von Unterricht
nachvollziehbar werden (Alheit/ Dausien 2009: 715). Ebenso versteht die Bil-
dungsgangforschung unter Bildung einen „Prozess der Transformation oder
bewussten Aufrechterhaltung des Welt- und Selbstverhältnisses eines Individu-
ums“ (Hericks 2008: 64). In beiden Fällen kann der Vollzug von Bildung als
Technologie des Selbst verstanden werden, das heißt als eine Sammlung von
Strategien, durch die ein Subjekt die eigene Souveränität sichert 2 und die es
„dem einzelnen ermöglichen, aus eigener Kraft oder mit Hilfe anderer eine Reihe
von Operationen an seinem Körper oder seiner Seele, seinem Denken, seinem
Verhalten oder seiner Existenzweise vorzunehmen, mit dem Ziel, sich so zu
verändern, dass er einen gewissen Zustand des Glücks, der Reinheit, der Weis-
heit, der Vollkommenheit oder der Unsterblichkeit erlangt“ (Foucault 1993: 26).
Technologien des Selbst wurden von Foucault als ein Typ von Technologie
benannt, wobei er zwischen insgesamt vier unterscheidet. Die drei weiteren sind
(1) Technologien der Produktion zur Herstellung und Manipulation von Gütern;
(2) Technologien von Zeichensystemen als Grundlage für Kommunikation; (3)
Technologien der Macht, die das Verhalten von Individuen bestimmten Zwecken
oder einer Herrschaft unterwerfen. Diese Typisierung ist einem transkribierten
Vortrag von Foucault entnommen, den er kurz vor seinem Tod 1984 gehalten hat
und in dem er ein neues und unvollendet gebliebenes Forschungsprojekt zum
Selbst skizziert. In seinem Vortrag gibt Foucault zu bedenken, dass im bisheri-
gen Werk vor allem die Bedeutung von Technologien der Macht hervorgehoben
wurde. „Diese Verbindung zwischen den Technologien der Beherrschung ande-
rer und den Technologien des Selbst nenne ich Kontrollmentalität. (...) Mehr und
mehr interessiere ich mich für die Interaktion zwischen einem selbst und anderen
und für die Technologien individueller Beherrschung“ (Ebd. 1993: 27).
2 Konsequenz des Vollzugs von Bildung ist die Sicherung der eigenen Souveränität. Diese Konse-
quenz bedeutet aber nicht, dass der Vollzug selbst immer vollständig entlang rationaler Entscheidun-
gen verläuft und Vollziehende ihr eigenes Handeln fortlaufend reflektieren. Bildung als Vollzug
verläuft als Handeln, das nicht als Kompetenz formalisiert werden kann, sondern performant in
Erscheinung tritt (Neuweg 2011). Explikation und Formalisierung von Bildung wären für performan-
te Bildung aufgrund des Aussetzens des Vollzugs von Bildung und die Reflexion über den zu voll-
ziehenden Prozess sogar kontraproduktiv (Neuweg/ Fothe 2011).
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