Geography Reference
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x In jüngerer Zeit sind einige Forscher an der Entwicklung von Standards
interessiert, die operativ von jedem Schüler erreicht werden sollen. Durch
Standards erhoffen sich diese Forscher, für alle Schüler gleiche Techniken
der Prüfung zu entwickeln, die den Vergleich von Lernleistungen individu-
ell oder nach Kohorten ermöglichen. Diese Techniken basieren auf einer
Technologie der Messung von Lernleistung.
x Ergebnis solcher Messungen sind Platzierungen, die für soziale Selektion
benutzt werden können. Die Platzierung entscheidet über Verbleib in und
Zugang zu Schulen: Nur nach Abschluss einer Sekundarschule mit Matura
oder Abitur erhält man direkten Zugang zu einem Hochschulstudium. Für
bestimmte Studienfächer ist das Erreichen einer guten Platzierung notwen-
dig. Notwendige Bedingung für die soziale Selektion in der Schule ist die
operative Technologisierung von Unterricht. Unterricht muss bereits so or-
ganisiert werden, dass durch Lehren vorab bestimmte Lernprozesse erreicht
werden.
In der Schule wird also bereits durch die Form der Organisation von Unterricht
unausweichlich das Ziel verfolgt, dass das Gelehrte auch gelernt wird. Diese
Koppelung macht das institutionelle Ziel deutlich, Lehren und Lernen als Tech-
nologie zu verstehen. Auch wenn dieses Ziel erreicht werden soll, kann man
Lehren und Lernen nicht technologisch koppeln - dieser Umstand wurde von
Luhmann und Schorr (1982: 12) als „Technologiedefizit der Erziehung“ be-
zeichnet: „Wenn nämlich Ego und Alter als jeweils notwendig selbstreferentiell
operierende Subjekte ihre Beziehung zueinander kausaltechnologisch aufbereiten
wollen, müssen sie die eigene Selbstreferenz und die des anderen in ein Kausal-
verhältnis überführen und für jeden Effekt, den sie bezwecken, die selbstreferen-
tiellen Prozesse (das Selbstbewußtsein, das Denken, das Wollen) des anderen als
Mittel einsetzen.“ Schüler als Adressaten des Unterrichtens sind mit Luhmann
ebenso selbstreferenziell wie Lehrer, das heißt sie entscheiden selbst über ihr
Denken und Wollen. Auch wenn Lehrer sich technologisch verhalten und ihr
Handeln kausal orientiert ist, ist Lernen als das Ergebnis von Lehren nicht mit
Sicherheit zu erreichen und kann auch verfehlt werden. Pädagogen stehen damit
vor dem Problem, dass der Zusammenhang zwischen Lehren und Lernen eben
nicht technologisch erzwungen werden kann: „Wir wissen oft nicht einmal, ob
der Misserfolg darauf zurückzuführen ist, dass wir etwas schlecht erklärt haben
oder unsere Anweisungen unklar waren oder ob die Kinder einfach nicht verste-
hen wollen und ihren eigenen Kopf haben“ (Prange 2007: 125). Technologisch
konzipierter Unterricht führt nicht zwingend zu Lernen, weil einer Technologie 1
1 Durch das hier genutzte systemtheoretische Verständnis von Technologie wird deutlich, dass es
unmöglich ist, soziale Interaktion - und damit auch Lehren als pädagogischen Teil sozialer Interakti-
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