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Raumvorstellungen im geoweb
Wenn Geomedien weniger als klassische Medien einen gemeinsamen Wissens-
vorrat von Räumlichkeit gewährleisten, haben wir es tendenziell stärker mit
einer Gleichzeitigkeit und einer Durchdringung von verschiedenen Raumvorstel-
lungen zu tun, sowohl in Bezug auf das subjektive Wissen des Einzelnen als
auch auf die intersubjektiv geteilten Wissensbestände der gesellschaftlichen
Akteure. Es liegt deshalb nahe, dass es sich bei der viel diskutierten Beobach-
tung einer zunehmenden Bedeutungslosigkeit von Räumlichkeit weniger um den
Raum an sich, sondern um die Bedeutung von traditionellen Raumvorstellungen
handelt (vgl. dazu auch Schroer 2007: 172), die durch konkurrierende Konzepte
zunehmend unter Druck geraten. Raum wird zunehmend problematisch (vgl.
Schroer 2012: 1), jedoch nicht als ein „Verschwinden des Raums“ (Virilio),
sondern vielmehr im Sinne einer Reorganisation des alltagspraktischen Umgangs
mit Geographie und Räumlichkeit und damit der Art und Weise, wie Räume
gedacht und kommuniziert werden: Grenzen geraten in Bewegung. Orte verän-
dern ihr Gesicht.
Wenn davon ausgegangen werden kann, dass die visuelle Darstellung von
Raum in Form der klassischen Kartographie nach dem Prinzip der In- und Ex-
klusion und der Verortung einzelner Elemente erfolgt, legt dies eine spezifische
Raumvorstellung zumindest nahe, nämlich Raum als Behälter mit klaren Gren-
zen zu denken, in dem den Dingen ein fester Platz eingeräumt wird. Dies scheint
jedoch eine Vorstellung zu sein, die im Internet grundsätzlich infrage gestellt
wird: „Es ist diese Selbstverständlichkeit in Bezug auf den Raum, auf die lokale
Verortung und die Ortsgebundenheit, die im Zeitalter von Computern, Handys
und GPS-Systemen nicht mehr länger zutrifft“ (Schroer 2007: 12). Während
„klassische“ geographische Visualisierungstechniken eine weitgehend institutio-
nalisierte Form der gesellschaftlichen Wissenserzeugung darstellen, haben wir es
dagegen im geoweb mit einer zunehmenden Entgrenzung raumbezogener Kom-
munikation zu tun. Wenn das Internet im Vergleich zu anderen Kommunikati-
onsmedien keine oder nur wenige „interne[…] Exklusionsmechanismen“ (Nie-
dermaier/Schroer 2004: 135) vorgibt, beispielsweise durch die Entkopplung der
Inhalte von der Nachfrage oder einem Verlagswesen, hängt der Prozess der In-
und Exklusion von Wissensinhalten im besonderen Maße von dem Engagement
und den Praktiken der Benutzer ab. Letztendlich meint der Neologismus des
„Prosumers“ genau das, nämlich dass jeder an der Nutzung und Herstellung von
geographischen Informationen beteiligt sein kann (vgl. Koch/Faby 2010: 41).
Für die Darstellung von ortsbezogenen Informationen bei Google Maps bedeutet
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