Geography Reference
In-Depth Information
Mit Blick auf die Anbindung des Internets an raumbezogene Daten wird
deutlich, dass den Praktiken der Visualisierung von Informationen hier eine
besondere Rolle zukommt. Beliebt unter den Geodiensten sind beispielsweise
diejenigen Anwendungen, die einen interaktiven Umgang mit Räumlichkeit und
eine visuelle Aufbereitung der Daten ermöglichen (Manovich/Thielmann 2009:
388-389). Döring und Thielmann (2009: 14) beobachten im Zuge dieser Ent-
wicklung gar eine „Renaissance kartographischer Bildformen“. Grundsätzlich
muss natürlich eingeräumt werden, dass der Einsatz von Graphiken und Bildern
zur Aufbereitung geographischer Informationen kein Novum des geowebs dar-
stellt, vielmehr lassen sich geographische Visualisierungstechniken - besonders
in Form von geographischem Kartenmaterial - bis weit in die Geschichte der
menschlichen Kommunikation zurückverfolgen (vgl. Dodge/McDerby/Turner
2008: 2-3.; Koch/Faby 2010: 42). Gegenüber klassischen geographischen Dar-
stellungsformen wie der Karte zeichnet sich die Medialisierung von Räumlich-
keit im web2.0 jedoch durch den stärkeren Einsatz von Medienverbünden aus,
d. h. durch die Konvergenz unterschiedlicher Einzelmedien. Dazu gehört bei-
spielsweise die Verbindung kartographischer Visualisierung mit fotographischen
Elementen oder Filmen. Besonders sogenannte Geobrowser, Anwendungen wie
Google Maps, Google Earth, MapQuest oder Microsoft Bing Maps ermöglichen
nicht nur eine visuelle Darstellung des Erdraums in Form von digitalen Karten
und Globen, sondern die Zuordnung weiterer graphischer Informationsträger wie
Photographien, Videos, Lexikonartikel oder Statistiken. Die technische Entwick-
lung der Geomedien und die damit einhergehende Medialisierung von Räum-
lichkeit lassen sich folglich in den zeitdiagnostisch beschriebenen Gesamtkon-
text einer zunehmenden Verbildlichung der Aneignung und Kommunikation von
Wissen einordnen.
Aus der Perspektive einer visuellen Wissenssoziologie ist dabei die Annahme
entscheidend, dass sich Handlungs- und Wissensstrukturen durch die Anwen-
dung und Verbreitung von Visualisierungstechniken verändern: Bildmedien
„reproduzieren, bewahren oder übertragen […] nicht einfach bereits existente
Wissensbestände und Wissensformen, sondern sie modifizieren Wirklichkeiten,
organisieren sie neu oder erzeugen sie sogar erst“ (Raab: 2008: 14). 5 Wie die
seits wird kulturkritisch auf die Gefahren der Vermarktungsstrategien der Medien aufgrund ihrer
Konkurrenz untereinander hingewiesen: Diese führten zu einer Zuspitzung auf Personen und „Ver-
bildlichungen um jeden Preis“ und versimplifizieren „strukturelle und komplexe Informationen“
(Kübler 2010: 17f.).
5 Neuere Medientheorien betonen in diesem Sinne, dass Medien generell keine neutrale Vermittler-
rolle zugesprochen werden kann, sondern dass diese selbst Auswirkungen auf die Strukturen des
Wissens haben (vgl. auch Knoblauch 2005: 325). Visualisierungen übernehmen „nicht allein orna-
mentale Funktion […], sondern [werden] zum wesentlichen ‚Inhaltsträger' der Botschaft“ (Schnettler
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