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Weltweit-Werden
Wie gesagt, wie sich die durch digitale und weltweit vernetzte Kommunikations-
und Informationstechnologien geprägte Mediosphäre einmal formiert haben
wird, das können wir zurzeit nur insoweit erahnen, wie man in der Rennaissance
erahnen konnte, was die Wirkungen der damals neuen Medientechnologien
Buchdruck und Zentralperspektive in den folgenden 500 Jahre gewesen sein
würden. Zu beobachten ist jedoch schon ein ganz brisantes Phänomen: die neuen
medialen Infrastrukturen vergrößern die räumliche Reichweite der Information
und Kommunikation, während sie deren zeitliche Reichweite verkürzen. Das
Verhältnis zwischen den Medien zur Verbreitung von Wissen im Raum und den
Medien zur Verbreitung von Wissen in der Zeit verschiebt sich.
Genau hier setzt Régis Debray eine für das Verständnis der Mediologie ganz
wesentliche Unterscheidung zwischen Kommunikation und Transmission bzw.
Mitteilung und Übermittlung an: „Mitteilen heißt, die Information im Raum
verbreiten, übermitteln heißt, die Information in der Zeit verbreiten. In diesem
Sinn ist der Akt der Übermittlung das, was Kultur ausmacht und was demnach
den Menschen vom Tier unterscheidet.“ (Debray 2002: 5) Übermittlung im
Sinne Debrays ist die Übertragung von Ideen, Glaubens- und Wissensinhalten
über die Zeit, von einer Generation zur nächsten. Durch die Übermittlung
werden kulturelle Inhalte langfristig in einem kollektiven Gedächtnis fest-
gehalten und erzeugen damit kulturelle Kontinuität.
Eben diese Übermittlung erworbener Eigenschaften erscheint durch die
neuen Kommunikationsmittel erschwert. Nach Debray „trachtet“ die
Kommunikation danach, die Transmission zu unterbinden: „Man beherrscht den
Raum immer besser, die Zeit indes immer weniger.“ (Debray ebd.) Das heißt,
dass die Traditionen, die von der Präsenz der Vergangenheit in der Gegenwart
zeugen, zusehends verblassen. Die Medien der Übermittlung - Familie, Schule,
Universität, alle Organisationsformen menschlichen Zusammenlebens mit dem
Auftrag, das Vermächtnis einer Kultur lebendig zu halten - verlieren an
Bedeutung zugunsten der Medien der Kommunikation innerhalb und ein
derselben raumzeitlichen Sphäre (Abb. 4).
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