Geography Reference
In-Depth Information
3
Der Bote als Dritter
Für Mutter und Kind ist der Vogel mit seinem Zettel im Schnabel der hinzu-
kommende Dritte; für Andrea und die „Mädels“ ist das dritte Element Facebook
als Bote für eine Message des Dalai Lama. Der Bote mit seiner Botschaft avan-
ciert zum Dritten. Dadurch entsteht als neue Beziehungskonstellation eine Tria-
de.
Was ist das Besondere an dieser Dreiecksbeziehung? „Sobald eine gegebene
Beziehungsachse -[…] -durch ein hinzukommendes Moment verändert wird,
gelangt die Figur des Dritten ins Spiel. Denn der Dritte ist der Erste, der hinzu-
tritt, wodurch die Beziehung des Selbst und des Anderen alteriert wird“ (Hessin-
ger 2010:65). Anders formuliert: Das Dreieck spannt einen Erfahrungsraum auf,
der das unmittelbare dyadische Erleben zwischen ICH und DU öffnet und um
zusätzliche Perspektiven erweitert:
„In der Triade entsteht etwas qualitativ anderes als in der Dyade: Jedes ein-
zelne Element kann nun als Zwischeninstanz der beiden anderen wirken und
dadurch selbst sowohl verbinden wie trennen. Die Triade entschärft dadurch die
Logik der dyadischen Gegensätze des Entweder-Oder/Alles-oder-nichts in ein
Sowohl-als-auch“ (Retzer, zit. in: Grieser 2011:21).
Es entsteht mit dem Dritten ein triangulärer Raum der Erfahrung. Dies be-
deutet, dass sich der Betrachter aus der exzentrischen Position heraus selbst in
der Beziehung zu anderen wahrnehmen und reflektieren kann (Grieser 2011:33).
Durch die Botschaft des Vogels - als das Dritte - besteht für Mutter und Kind
die Chance, nicht nur wieder wahrzunehmen, dass sie in Beziehung sind, son-
dern darauf zu reflektieren, wie sie in dieser sind. Das würde bedeuten, den ver-
mittelten Dialog als Überbrückung von Differenz zu erkennen; das wiederum
wäre eine Erfahrung, die auch zukünftig hilft, ihre Beziehung situationsgerecht
zu gestalten.
Die Botschaft des Dalai Lama schafft bei den „Mädels“ die Wahrnehmung
als westliche Frauen einander verbunden, aber in dieser Verbundenheit zugleich
auch von den anderen - z.B. ihrem östlichen Pendant oder den Männern - ge-
trennt zu sein. Reflexion könnte hier bedeuten, sich die Aufrechterhaltung von
Differenz für die eigene Selbstgewissheit zu vergegenwärtigen und gezielt nach
einem Stattdessen fragen. Dies entspräche einer Erfahrung, die zukünftig dabei
hilft, eher situativ zu entscheiden, ob und inwieweit es Sinn macht, sich dem
Bild der „westlichen Frau“ zu bedienen.
„Triangulierendes Reflektieren“ führt fort, was mit der Übertragung begon-
nen wurde. Es führt weiter. Der Bote mit seiner Botschaft tritt auf den Plan, um
im Dickicht von Differenz erst einmal einen Weg zu bahnen. Die triangulierende
Reflexion bedeutet jedoch differenzierte Antworten zu finden. Dazu muss es
Search WWH ::




Custom Search