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Um diesen (selbst-)bildenden Aspekt der Übertragung konkreter zu greifen,
ist im Folgenden weiter zu klären, was dann überhaupt als Botschaft gelten kann.
Zudem ist zu fragen, unter welchen Bedingungen es dem Einzelnen möglich
wird, dass das, was mit der Botschaft in Gang gesetzt wird, auch eine sinnstif-
tende Komponente bekommt.
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Botschaft und Resonanz
Damit eine Botschaft als Botschaft gelten kann, muss sie etwas enthalten, das
beim Einzelnen wirkt. Es muss etwas sein, durch das man angesprochen ist;
etwas mit der Fähigkeit, irgendetwas im eigenen Selbst zum Klingen zu bringen.
Demzufolge hat nicht jeder Zettel im Schnabel des Vogels das Potential einer
solchen Botschaft und auch nicht jeder Kommentar im Social Net. Was für den
Einen Botschaft ist, ist für den Anderen mitunter bedeutungslos.
Der Zettel im Schnabel des Vogels trägt einmal den Gruß der Mutter und ein
anderes Mal Gruß und Kuss des Kindes. Beiden Botschaften gehen Betroffenhei-
ten, das Gewahrwerden von Differenz voraus; gleichzeitig erzeugen beide Bot-
schaften im jeweils Anderen Betroffenheit. Im Facebook avanciert das Bild und
die Aussage des Dalai Lama zur Botschaft. Andrea wird durch diese veranlasst,
den Imperativ „Mädels, auf geht's!“ abzuleiten; ohne ganz persönlich angespro-
chen zu sein, würde sie das wohl kaum tun. Die Antworten der „Mädels“ zeigen,
dass sie ebenso angesprochen und vielleicht auf einer tieferen Ebene an ein spe-
zifisch weibliches Selbst erinnert sind.
Der Aspekt, angesprochen bzw. betroffen zu sein kann als Resonanz verstan-
den werden. Botschaften können in dieser Sicht erst dann als Botschaften gelten,
wenn sie Resonanzphänomene initiieren: „Resonanz setzt also voraus, dass es
eine grundlegende Differenz wie auch eine Ähnlichkeit gibt zwischen zwei Sys-
temen und bewirkt, dass die Bewegung des einen Systems auf das andere über-
tragen, dabei aber zugleich durch die Eigenfrequenz des betroffenen Systems
verändert und umgebaut wird“ (Luhmann, zit. in: Krämer 2008a: 220f.).
Werden Übertragungen im Sinne von Resonanz aufgefasst, dann rücken stär-
ker die (un)vorhergesehenen Dynamiken in den Blick, die durch die individuelle
Betroffenheit in Gang gesetzt werden. Resonanzphänomene können vereinfacht
mit dem „Stille-Post-Spiel“ beschrieben werden. Hier werden Botschaften von
Ohr zu Ohr geflüstert und am Ende einer langen Reihe von Ohr-zu-Ohr-
Übertragungen tritt eine veränderte Botschaft in Erscheinung. Nehmen wir ein-
mal an, dass die jeweilige Botschaft alle am Spiel Beteiligten in irgendeiner Art
anspricht. Das bedeutet, sie wird von ihrem Empfänger durch seine ganz eigene
Art der Wahrnehmung (bzw. seine Eigenfrequenz) aufgenommen, dementspre-
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