Geography Reference
In-Depth Information
noch weiter nachzudenken darüber, wie die Medien(geräte) den Lese- und Lern-
habitus positiv verändern könnten?
4
Suche nach Orientierung im Dilemma
Der Fall: In einer Projektwoche mit 14-jährigen Schülern wurde das Rah-
menthema „Rosen aus Kenia“ vorgegeben. Es gab dazu ein gutes Einstiegsma-
terial aus der Zeitschrift „Stern“, mit einer Reihe großer Fotos und vier Seiten
populärsprachlichem Text.
Man könnte nun in einem traditionellen Unterricht daraus ein Projekt ma-
chen, in dem sogleich die Ungerechtigkeit des Handels und die Folgen für das
Ökosystem in Kenia oder auf der Erde angeprangert werden, z.B. und üblicher-
weise auf einigen Postern. Das wäre ein Hinsehen Erster Ordnung: Was ist der
Fall? Wie bewerten wir das?
Ein zweiter Blick würde fragen: Was steckt dahinter? Was ist eigentlich „Fair
Trade“ und wie verlässlich sind dessen Zertifikate ? Was bedeutet Fair Trade für
die natürliche Umwelt, wird dies auch zertifiziert? Was wäre eigentlich, wenn
wir solche Blumen im Eimer an der Kasse vom Aldi einfach nicht mehr kaufen?
(Im Text steht dazu ein Zitat einer kenianischen Blumenarbeiterin: „Kauft bitte
diese Blumen!“).
Das Geoweb-Medium Internet wurde nun zwar genutzt, aber nicht zur weite-
ren Sach-Recherche des Falles „Rosen aus Kenia“, sondern zur Urteilsbildung
über die Hintergründe. Dafür wurden in einigen Minuten Diskussion zwei
Suchwörter gefunden und vereinbart: „Dilemma“ und „Fairness“/ „Gerechtig-
keit“; der Lehrer gab als drittes dazu: „Strukturelle Gewalt“. Diese Begriffe
waren den Schülern im immanenten Denken noch nicht verfügbar, sie hatten
aber die Motivation, Hilfe für ihre Urteilsbildung in einer offenkundig realen und
wichtigen Problemstellung zu erhalten. Sie bekamen eine ganze Stunde Zeit, um
diese drei Begriffe zu recherchieren, mithilfe des Werkzeugs Internet. Sie gerie-
ten darüber richtiggehend in Feuer, indem „ihr“ Medium sich mit dem Inhalt von
Lektüren). „Es zeichnet sich ab, dass Langtexte im Netz ein Comeback erleben werden. (…) Wir
Netzbewohner haben wirklich immer weniger längere Texte gelesen. Es gab einfach noch keine
brauchbare Brücke zwischen digitaler und analoger Welt. Mit den neuen Lesegeräten und Lese-Apps
ändert sich das: Jetzt kann man einen längeren Blog-Eintrag mit einem Klick auf den Reader schi-
cken. (…) Man wird also künftig wieder versunkene LeserInnen sehen, in den Bahnen, im Cafè, am
Baggersee (…) Aber eines ist neu: Diese LeserInnen sind nicht mehr isoliert. Anders als auf dem
Papier kann man künftig Texte ‚sozial lesen': Alle markieren und annotieren gemeinsam im Internet,
tauschen Zitate, teile Kommentare. Ein bisschen so wie in den Briefnetzwerken der Aufklärung, als
die bürgerliche Buchkultur noch viel frischer und lebendiger war. (Lindner 2012, 18))
Search WWH ::




Custom Search