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zeit habe, indem Kooperation mit Dopamin-Glücksgefühlen belohnt werde, unter
einem „Netz der Vorausberechnung, des Determinismus“ (Schirrmacher 2009).
Sein Rezensent in der „Zeit“ fügt hinzu: „Banker verstehen die Finanzprodukte
nicht mehr, die sie mithilfe ihrer Software erstellen, Ärzte nicht mehr die Analy-
seinstrumente, die ihre Diagnosen leiten, und doch müssen sie sich als selbst-
ständige Handlungsträger begreifen.“. In den Worten von Heiner Müller vor dem
Anschluss der DDR an die Bundesrepublik: „Es gibt einen Grad der Unterdrü-
ckung, der als Freiheit empfunden wird.“ 6 - Der amerikanische Informatiker,
Wissenschafts- und Gesellschaftskritiker Joseph Weizenbaum (1923-2008) hat
bereits in den 1960er Jahren als Insider vor dem Kontrollverlust gegenüber der
künstlichen Intelligenz gewarnt, vor dem „Wahn, aus Angst vor dem Kontroll-
verlust die Welt in Formeln, Systematiken und Algorithmen, kurzum in Mathe-
matik zu verwandeln“ (zit. nach Soboczynski 2009). Der Medienphilosoph
Norbert Bolz warnt vor einem „Wahrnehmungsstil des Zapping “ (2010).
Dies kann man mit den Kommentatoren der Rezension kritisieren: „Das
Herz, das hier schlägt, ist ein lauernd konservatives; Das Menschenbild (…) ist
ein trauerndes, das Zeitalter des linearen Lesens ist untergehendes Glück, das
Papier wertvoller als der Bildschirm“. Oder: „Schirrmacher scheint keine eige-
nen Gedanken gefasst zu haben - von Günter Anders („Die Antiquiertheit des
Menschen“) bis Neil Postman („The Disappearance of Childhood“, „Conscienti-
lus Objektions“, „Technology“)“(Unbekannt in Die Zeit 2009).
Oder man kann fragen: Was kann man daraus lernen oder folgern, wenn
Schule und Geographie nicht einfach nur dem vermeintlichen Trend folgen?
Wenn man im Nielsen Group Report „Teenagers on the Web“ liest, dass unge-
nügende Lesefähigkeit, ungeschickte Suchstrategien und geringe Geduld die
Folgen (oder gar die Ursachen) seien? Oder wenn das Google Phänomen u.a.
bedeutet, dass wir unfähig seien, größere Zusammenhänge herzustellen, und uns
zu begnügen mit unreflektierten Informationsadressen („Autoritäten“) und Head-
lines („Inhalt“) 7 ?
Fordern und fördern: Folgt daraus die Forderung nach Förderung dessen,
was die Computer nicht haben: Kreativität, Geistesgegenwart, Ergebnisoffen-
heit?
Aber ist nicht mit solchen Fragen schon Partei genommen gegen digitale
Medien in ihrer angenommenen überwältigenden Funktionsweise? 8 Und ist nicht
6 Heiner Müller zitiert Ernst Jünger anlässlich des Hineinschlitterns der DDR in die Marktwirtschaft
1989/1990, ZDF-Theater-Kanal, 05.02.2009, 21:45
7 www.schuegerl.com/Handzettel/INF/SchirrmacherPayBack.doc
8 In der Debatte um E-Reader als Lesegerät anstelle alter Buch- und Zeitschriftentechnologie wird
z.B. behauptet, dass in unseren Schulen „in Wahrheit das Lesen von Texten mit einem längeren
Argumentationsbogen bisher gar nicht gelernt“ wird (abgesehen von vereinzelten Ganzschrift-
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