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Der Streit ist inzwischen fast entschieden: „Es kam, wie es kommen musste“.
Nur: Wer ist „Es“?
Was folgt daraus, wenn man aus dem „Es kam“ wieder ein „Ich habe ver-
standen“ macht?
Gilt das pädagogische und politische Prinzip „Freiheit nur durch Freiheit“
noch, indem eine „in Freiheit hergestellte Unfreiheit grundsätzlich und praktisch
wieder aufhebbar ist“ (Hentig 1984, 60)? Hat der Bürger in seiner Lebenswelt
noch eine freie Wahl oder ist seine Freiheit eine Scheinfreiheit? Fällt jemand, der
bei Facebook nicht mitmacht, demnächst absehbar aus der Welt? „Wenn die
Bankschalter, die Reisebüros, die gedruckten Fahrpläne und Telefonbücher ver-
schwunden sind, weil alles über den Bildschirm läuft, werde auch ich mich sei-
wer nicht prinzipiell (!) konzipieren und schreiben kann, sollte auch kein Word-Programm mit
Rechtschreibüberprüfung benutzen (dürfen); wer nicht prinzipiell (!) kopfrechnen kann, sollte auch
keinen Taschenrechner bekommen (sagt Generation 60+). Ein Beispiel für Schwer-Verstehen schon
zwischen den Generationen 60+ und 40 + (ganz zu schweigen 20+ oder bereits 10+) ist die folgende
briefliche Mitteilung aus der Generation 40+ : „Inhaltlich kann man das so sehen, wie du - ich wäre
jedoch nicht so streng. Wenn ich deine Auffassung weiter denke, würde das doch bedeuten, dass wir
erst mit der Hand waschen müssten, bevor wir eine Waschmaschine bedienen, erst Schreibmaschine
und dann PC lernen, erst Lochkamera und dann Fotoapparat, erst Faustkeil und dann Füller etc… . Es
hat aber doch auch seine Vorteile, dass wir unser Leben mit Technik erleichtern; das erst gibt uns
doch Zeit, anderes zu tun? Wer entscheidet denn, welche Kulturtechniken ich einfach so anwenden
kann und bei welchen ich erst die Vorstufen erlernen sollte? Über die technischen Möglichkeiten und
kulturelle Errungenschaften verändern wir uns als Menschen und haben uns immer schon verändert.
Wir leben ja nicht mehr im 18. Jahrhundert in einem kleinen ostwestfälischen Dorf. D.h. müssten wir
angesichts der nächsten Generationen, die ganz anders in den Umgang mit Technik hineinsozialisiert
wurden, unsere persönliche und in eigenen Erfahrungen errungenen Idee vom menschlichen In-der-
Welt-Sein „loslassen“ und davon ausgehen, dass es die nächste Generation ganz anders macht - und
machen muss - als wir, da sie mit anderen Erfahrungen eben unter anderen raumzeitlichen Bedin-
gungen lebt. Ich meine damit nicht, dass Reflexion und Selbsttätigkeit - und eben der Umgang mit
Karte und Kompass - keinen Wert mehr hätten. Aber ich denke eben nicht, dass nur alte Meister sich
mit Navis und Tomtoms orientieren dürfen.“ (Der Vf. fühlt sich hier nicht gut verstanden: Es geht
nicht darum zu verstehen, wie ein Gerät etwas macht, sondern was ich mit ihm mache, und ggf. was
es mit mir macht. Der evolutionäre Beginn des Waschens wäre in diesem Sinne nicht die Handwä-
sche, mit der man sich zur Waschmaschine hochdienen kann, sondern ein Verständnis des Waschens
nach Zweck und Mitteln. Entsprechend würde der Vf sich wünschen, dass z.B. bei einer Geländeauf-
nahme im Winkelzug ein Grundverständnis der Winkelfunktionen (Sinus, Tangens etc.) genutzt
werden kann und wie die zugehörige Zahlentafel entsteht.
Die Generation 20+ schreibt dazu: „Ich respektiere Deine bewusst als subjektiv offengelegte Positi-
on sehr; dennoch geht die Frage noch weiter, glaube ich. Wie viel Technik muss ich verstehen, um
sie anwenden zu dürfen? Muss ich Schülern im Detail die Funktionsweise von GPS erläutern, bevor
sie damit ‚raumbezogene Bildung' im Geocaching erlangen dürfen? Wie viel Mündigkeit brauche ich
gegenüber dem Gerät? (siehe Apple = Benutzerfreundlichkeit bzw. ‚Technik für Dummies '; Linux =
Selbständigkeit und Mündigkeit des Nutzers? Ein bisschen geht das ja in Richtung Akteurs-Netzwerk
-Theorie.“
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