Geography Reference
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Weise zu erweitern, die geeignet ist, sie für eine kritische Lektüre von web2.0
Karten anzuwenden.
Ausgehend von einem Vorschlag, den Wood und Fels (Wood/Fels 2008) zur
Analyse von Karten unterbreiten, wollen wir dabei zunächst eine Erweiterung
der Kartendekonstruktion im Sinne von Harley (Harley 1989) vorschlagen.
Wood und Fels fordern in Anlehnung an das literaturwissenschaftliche Konzept
des Paratextes 5 (Genette et al. 1989), dass kritische Kartenanalyse nicht nur die
Karte selbst, sondern das Paratextliche der Karte in die Analyse einzubeziehen,
also auch jene Informationen und Diskurse um das eigentliche Kartenbild herum.
Diese Umgebung der Karte bildet in ihrer Gesamtheit die paramap , welche wie-
derum zweigeteilt zu verstehen ist in perimap und epimap . Die perimap besteht
aus allen graphischen und textlichen Elementen, die um das eigentliche Karten-
bild herum zu finden sind. Hierzu gehören beispielsweise Legende, Nordpfeil
und dekorative Elemente, ebenso wie weiterführende Erklärungen und Informa-
tionen. All diese Elemente wurden vom Hersteller der Karte bewusst gestaltet
und auf eine bestimmte Weise angeordnet. Sie sind ebenso rhetorisch wie das
Kartenbild selbst. Als Beispiel führen Wood und Fels die Peters-Projektion an,
jene Karte, die Arno Peters in den 1960er Jahren als anti-kolonialen Gegenent-
wurf zur eurozentrischen Mercator-Projektion vorschlug, die ohne ihre perimap
aber kaum etwas anderes als eine bereits rund hundert Jahre früher von Robert
Gall entwickelte Kartenprojektion abbildete. Die massive Sprengkraft dieser
Karte findet sich in ihrer - am Rand der Karte abgedruckten - politischen Be-
gründung (Wood/Fels 2008: 193; Crampton 1994; Deutsche Gesellschaft für
Kartographie 1981). Die epimap beinhaltet alle Elemente jenseits von Karte und
perimap , also beispielsweise den Text der Publikation, in welcher die Karte
erschienen ist, beigelegte Werbungen und Broschüren, Vorworte, oder auch das
Material, auf welches die Publikation gedruckt worden ist. Die in der paramap
eingelagerten Diskurse tragen zur Rhetorik der Karte bei und müssen demnach
bei einer Analyse berücksichtigt werden, die ihre (möglicherweise verdeckten)
Diskurse herausarbeiten soll.
Jedoch verbleibt diese map-paramap -Logik analytisch auf der Ebene relativ
statischer und fixer Karten. Den multiplen und diffusen Autorenschaften von
web2.0 Karten - von Bereitstellung einer Plattform bis zu Datenversammlung
durch „die crowd “ - wird auf diese Weise ebenso wenig gerecht wie den Dyna-
miken und Temporalitäten von web2.0 Karten. Letztere betreffen sowohl die
veränderliche und offene Datenbasis von Karten wie auch die Veränderung der
5 Mit dem Konzept des Paratextes zeigt Genette, dass die Rhetorik eines Textes nicht bloß aus
seinem eigentlichen Inhalt hervorgeht, sondern ebenso aus den Elementen um den Text herum wie
Titel, Vorwort, Illustrationen, Anmerkungen etc.
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