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brauntrübe Wasser die wohltuende Stille. Die
Passagiere können ihren Gedanken nachhän-
gen und die Seele baumeln lassen. Doch
dann: Schon von weitem ist das Knattern al-
tersschwacher Dieselmotoren zu hören. Mo-
torboote, die an Seelenverkäufer erinnern,
haben in jüngster Vergangenheit - leider -
diesen Teil der Welt erobert und stören mit
ihrem Lärmpegel die Idylle empfindlich. Wer
hier mitfährt, der sollte auf jeden Fall Oh-
renschützer einstecken.
Die Landschaft wechselt stetig, von Sa-
vanne über Tabakplantagen, Reisfelder, Steil-
ufer, tonnenschweren Felsblöcken, in deren
Nischen Fledermäuse kopfunter hängen und
blütenweiße Reiher nisten, bis zu Galeriewäl-
dern und Sandbänken, so weit das Auge
reicht. Die Zeburinder, in Madagaskar Ar-
beitstiere und Statussymbol zugleich, sind
auch hier allgegenwärtig. Dann tauchen am
Horizont die ersten, bis zu 30 Meter hohen
Baobabs auf, die aussehen, als wären sie mit
den Wurzeln nach oben in die Erde gerammt
worden. Wenige Stunden vor Ankunft in Belo
sur Tsiribihina dann endlich mehrere Lemu-
rengruppen in kürzeren Abständen: Braune
Halbaffen und die eleganten Sifakas, die bis
zu sieben Meter weite Sätze machen können.
Im Örtchen Begidro („dort, wo es viele Le-
muren gab“) wohnt die Mutter eines Piro-
genführers, der ihr eine wärmende Woll-
decke für die kühlen Nächte mitbringt. Klaus
Sperling kauft in jedem Dorf, in dem Halt ge-
macht wird, etwas ein, auch wenn es teurer
ist als in den Städten und „egal, ob ich es ge-
rade brauche oder nicht. Die Bewohner sol-
len merken, dass wir nicht nur zum Fotogra-
fieren hierher kommen.“ Geschenke gibt es
ganz bewusst keine, somit auch keine lästige
Bettelei, wie in manchen Touristenhochbur-
gen der Insel.
Wo Wasser ist, da gibt es meist auch Pira-
ten. Dies ist bei den Flussfahrtanbietern nicht
anders. Am Flughafen in der Hauptstadt An-
tananarivo oder auch in Antsirabe gibt es
Schlepper ohne entsprechende Lizenz, die
Touristen das Blaue vom Himmel verspre-
chen und - schon des Öfteren geschehen -
dann mit einem Vorschuss auf Nimmerwie-
dersehen verschwinden. Die Enttäuschung
ist dann natürlich riesengroß. Nachdem vor
über zehn Jahren sogar ein Franzose, der
unbedingt auf eigene Faust das Flussaben-
teuer erleben wollte, von einem Pirogier
brutal umgebracht wurde, muss seitdem je-
de Tour mit den Namen der Teilnehmer
und den Ausweisnummern in Miandrivazo
bei der Behörde angemeldet werden. Nach
der Rückkehr erfolgt dann die Gegenkon-
trolle. Dringend erforderliche Bestrebun-
gen sollten unbedingt gefördert werden,
die vielen zwielichtige „Führer“ ausnahms-
los zu überprüfen, die enormen Schaden
anrichten können, zudem keine Genehmi-
gung besitzen, nicht versichert sind und
auch keinerlei Steuern zahlen.
Nach einer Nacht in einem weichen Bett
im Hotel Menabe (sehr gute Küche!) in Be-
lo sur Tsiribihina wartet am Morgen die
nächste, das Sitzfleisch strapazierende Her-
ausforderung auf die Gruppe. Von Belo bis
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