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Ahnenkult, der sich in Madagaskar in stark
reduzierter Form, aber unverkennbar wieder-
findet. Da zu jedem Kult eine ganze Reihe
von Zeremonialgeräten gehört, ist es sehr
verwunderlich, dass die Mekka-Befürworter
nichts dergleichen anzubieten haben. In Ma-
dagaskar selbst sind etwa 40% der in China
gebräuchlichen Becken, Becher, Schalen, Tel-
ler usw. zwar nicht in Bronze auffindbar,
dafür aber als formidentische Surrogate in
feuerfestem Stein (Steatit) hergestellt.
Eine ganz wichtige Rolle bei den heiligen
Handlungen spielte der Schamane (chine-
sisch: wu, bei den Madagassen der Ombia-
sy ). Die Fähigkeit der eurasischen Schama-
nen, sich mittels ihrer Hilfstiere in die Ober-
und Unterwelten zu begeben, sich sogar
selbst in diese Tiere zu verwandeln, hat sich
auch auf Madagaskar erhalten: Die Bibiolona
sind gehörnte Schamanen und Schamanen-
masken mit Hörnern. Es würde zu weit füh-
ren, hier in die Einzelheiten zu gehen, aber
auf Eines sei hingewiesen: Alle Tiere, die in
Madagaskar heilig sind, gehören in China,
der Mongolei und in Sibirien seit dem Neolit-
hikum (oft auf Felsbildern festgehalten) zum
festen Bestandteil schamanistischer Handlun-
gen, so zum Beispiel verschiedene Schild-
kröten: die Süßwasserschildkröte, das Opfer-
tier der Ureinwohner Madagaskars, die Mee-
resschildkröte der Sakalava-Vezo und die So-
katra, die Strahlenschildkröte, die den Ma-
hafaly fady ist. Die lange Tradition von Schild-
kröten im religiösen Leben der Asiaten lässt
sich neuerdings durch umfangreiche Gra-
bungserfolge am Amur, dem Baikal-See, in
der Mongolei, bei den Nanai und den Man-
chou im chinesisch-russischen Grenzgebiet
in bizarrer Vielfalt an Grabbeigaben aus Jade
dokumentieren. Ihr Alter reicht oft viele tau-
send Jahre in die Vorzeit zurück; das Glau-
bensfundament ist in Madagaskar bis auf den
heutigen Tag sichtbar und lebendig. Nicht
zuletzt sind in entlegenen Gebieten - von al-
len Missionsversuchen unberührt - viele Ma-
dagassen dem archaischen Glauben so sehr
verbunden, dass noch heute Opferteller, Op-
feraltäre und dreibeinige Kochtöpfe aus dem
weichen, leicht zu bearbeitenden Speckstein
(vato didy) hergestellt werden. Weißen, die
bei den Antambahoaka und den Betsimisa-
raka ohnehin im Verdacht stehen, vazaha-
mpakafou, Knochendiebe, zu sein, wird
man solche Objekte nicht zeigen.
Auch taucht immer wieder die heilige
Zahl 3 oder ein Vielfaches davon auf (9, 18
usw.): Siehe die Maße der Skulptur Vato-
lambo oben, dann der von einem Englän-
der mutwillig zerstörte heilige Krug Sinibe
vato (Durchmesser 90 cm), selbst der Riese
Darafify war 180 Meter hoch, seine Schritt-
länge betrug 270 km, in Eile durchmaß er
die Insel von Ost nach West (450 km) mit
einem Schritt, sein Grab war 90 x 90 Meter
groß, nachdem man ihn zusammengefaltet
hatte - und schon sind wir bei P'an Ku, dem
chinesischen Demiurgen, der als Zwerg
dem Weltenei entschlüpfte und täglich drei
Meter wuchs, um den Raum zwischen
Himmel und Erde auszufüllen. Er wuchs im-
mer weiter, wurde zum Riesen, wuchs täg-
lich drei Meter während 18.000 Jahren …
Auch die madagassischen Ahnen (razana)
füllen den Raum zwischen Himmel und Er-
de aus.
Vraiment, man könnte immer weiter in
diese wundersame Welt versinken, wo Lo-
lo-Geister wie Schmetterlinge umherhu-
schen - doch der Platz in einem Reisefüh-
rer ist begrenzt. So sage ich: Veloma, adieu,
à bientot!
P.S.: Eine umfangreiche Dokumentation mit
Bildern ist in Vorbereitung (Sponsor ge-
sucht; theo.detjen@tele2.de).
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