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Die geheimnisvolle
Kultur der Antamba-
hoaka in Ambohitsara
Seit der Kolonialzeit gibt es viele Versuche,
die Skulptur zu deuten. Mal sollte sie ein Nil-
pferd darstellen, dann einen Tapir, einen Stier
der Khmer, vielleicht gar ein Kriegerdenkmal
oder ein Zwergelefant aus Sumatra. Die Mär
vom Stammesgründer der Antambahoaka,
Raminia, er habe diese gewichtige Skulptur
aus Mekka im 12. Jahrhundert mitgebracht,
hält sich am hartnäckigsten und ist ebenso
unhaltbar wie alle anderen Vermutungen.
Der Name Raminia wird in keiner arabischen
Genealogie geführt; er war schlicht ein see-
fahrender Händler aus Sumatra. In Mekka
findet sich auch kein Steatit, aus dem man
die Statue hätte schnitzen können. Und dann
steht da noch die Frage im Raum: Wenn der
„Weiße Elefant“ den Arabern wirklich so
heilig war, warum hat man es zugelassen, ihn
aus Mekka zu entfernen?
Vatolambo ist tatsächlich ein ganz außer-
gewöhnliches Monument. Selbst seine Grö-
ße blieb lange im Dunkeln, da es verboten ist,
die Füße der Skulptur vom Sand zu befreien,
weil Raminia eine Heilige Schrift (Sorabe)
und einen goldenen Teller darunter vergra-
ben ließ! Meine Vermessungen im Jahr 1996
ergaben: Die Länge beträgt 180 cm, die Hö-
he 120 cm, die Breite 60 cm. Der Rumpf ist
ausgehöhlt und entspricht einem chinesi-
schen Ritualbehälter „tsun“ der Zhou-Peri-
ode und diente zum Vergießen von heiligem
Wein. Der Kopf des Tieres wurde - vermut-
lich von muselmanischen Eiferern - umge-
staltet: Aus dem Schwein, aus islamischer
Sicht wie der Hund ein unreines Tier, wurde
ein Elefant - dem die Stoßzähne und die gro-
ßen Ohren fehlen … Doch es gibt keine Hin-
weise auf einen islamischen Ursprung der
Skulptur außer der Legende von Abraha, der
die Kaaba mit Hilfe von Elefanten schleifen
wollte - doch das war im Jahr 517, 54 Jahre
vor Mohammeds Geburt im Jahr 571. Die
Verweise der Antambahoaka auf Abraham
und Noah sind weit hergeholt.
Der Blick nach China ist hilfreich und er-
hellt den geistigen Hintergrund: Während
der Shang- und Zhou-Perioden wurden ge-
waltige Ritualgefäße aus Bronze gegossen.
Sie dienten einem ausufernden Toten- und
Von Theo Detjen, Mainz-Kastel
Voraus: Tief in der Brust eines jeden An-
tambahoaka schlummert die Sehnsucht
nach den Ahnen. Für mich ist Ambohitsara
die Wiege der madagassischen Kultur
schlechthin. Die ersten Besucher, Sumerer,
kamen ca. 2500 vor unserer Zeit aus Meso-
potamien nach Madagaskar. Sie hinter-
ließen unter anderem fragile Alabasterper-
len für die Totenbestattung und Spielsteine
aus Ton. Die Bedeutung dieser Entdeckung
hat einige kompetente Forscher veranlasst,
mich zu bitten, niemals darüber öffentlich
zu berichten.
Die ersten Siedler waren Chinesen unter
Leitung von Xu Fu, einem Schamanen (wu)
am Hof des 1. Kaisers She Huangdi, der ihn
im Jahr 217 vor Christus aussandte, das Eli-
xier der Unsterblichkeit (waidan) zu su-
chen. Das spurlose Verschwinden der Ex-
pedition hatte gute Gründe: Bei einem
Scheitern der Reise war dem vorlauten Xu
Fu kein ruhmreiches Ende vorausgesagt. So
wählte er den unbekannten Weg über den
offenen Indischen Ozean nach Westen
und fand mit günstigen Monsunwinden
und einer steten Äquatorialströmung den
direkten Weg nach Madagaskar. Die Neu-
siedler fanden an den Flüssen Sakaleona
und Fanantara reichlich Steatit (Speck-
stein), aus dem sie Vatolambo, das „Wild-
schwein aus Stein“, schufen, zum Dank
für eine gute Überfahrt und zu Ehren ihrer
Götter. Diese einmalige Skulptur, ebenso
mythenbeladen wie mysteriös, steht seit
über 2000 Jahren auf der östlichen Düne
des Dorfes Ambohitsara und blickt unver-
wandt nach Nordosten, nach China, dem
geistigen Heimatland.
Anmerkung: Die lokalen Mpanjaka (Kö-
nige) mögen den Ausdruck Vatolambo
nicht hören; sie bevorzugen Vatomasina ,
was „heiliger Stein“ bedeutet.
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