Travel Reference
In-Depth Information
Papierherstellung
wie im alten Ägypten
Schriften, auch „Sorabe“ genannt, und das
Antaimoro-Papier würden eine magische
Macht besitzen.
1936 forschte der junge französische
Plantagenbesitzer Pierre Mathieu, so ist es
in den Unterlagen der Papiermanufaktur
nachzulesen, „hingerissen von der Schön-
heit und Originalität“, nach der Herstel-
lungsweise, die bis dahin streng geheim ge-
halten wurde. Da er bei den Antaimoro
aufwuchs und ihre Mundart beherrschte,
gelang es ihm schließlich, das Geheimnis
zu lüften; er stellte das Papier mit Zustim-
mung und in Zusammenarbeit der Nachfol-
ger der Araber in größerem Stile her.
Im hinteren Bereich des herrlichen Gar-
tens am nördlichen Ausgang von Ambala-
vao, in den ein Hotel, ein Restaurant und
ein Verkaufsshop integriert sind, kann man
die aufwendige Herstellung heute kosten-
frei besichtigen - auch sonntags. Zuerst
wird die Rinde des Avoha-Baumes in einem
mächtigen Kessel mehrere Stunden zu Fa-
sern zerkocht und dann mit kaltem Wasser
zu breiigen Kugeln geknetet. Diese werden
dann mit dem Holzhammer zu einem Teig
geklopft, bis er dünn genug ist, um ihn auf
Baumwolltücher, die in Holzrahmen ge-
spannt sind, gleichmäßig zu verteilen.
Nachdem die Masse mit Wasser über-
gossen und gesiebt worden ist, legen Ar-
beiterinnen Blüten auf, wobei viel Fantasie
und Geschick bei der Wahl der Motive an
den Tag gelegt wird. Das Ganze wird mit
einem leichten Lackleim versiegelt, bevor
der Trockenprozess erfolgt. Früher durfte
der heilige Papierrohstoff nur bei Mond-
licht auf die Rahmen gespannt und ge-
trocknet werden, „damit das Papier seine
Stabilität, Originalität und unerreichbare
Schönheit bewahrt.“
Seit das Papier auch zu Dekorations-
zwecken genutzt wird (Briefpapier, Lam-
penschirme, Fotoalben, Wandschmuck, Ta-
peten etc.), sind in Nachbarschaft der Ma-
nufaktur viele Blütenbäume und -sträucher
gepflanzt worden - eine kleine Oase in ei-
ner ansonsten eher tristen Stadt.
Ein monotones Klopfgeräusch empfängt
den Besucher schon am Eingang des Ge-
ländes der landesweit bekannten Papierfa-
brik der Antaimoro in Ambalavao. Das
Geräusch wird beim Näherkommen inten-
siver, die Neugier ist geweckt. Eine Frau
sitzt auf einer Matte und hämmert auf ei-
nem gelblich-braunen Teiggemisch herum.
Doch der Reihe nach: Die Herkunft des
naturfarbenen Papiers der Antaimoro, das
sich wie feine, seidige Rauhfasertapete an-
fühlt, liegt weit in der Vergangenheit. Nach
der Legende erlitt ein Segelboot aus Ara-
bien vermutlich zu Beginn des 12. Jahrhun-
derts an der Südostküste Madagaskars,
dort wo der Strom Matitana in den Indi-
schen Ozean mündet, Schiffbruch. Die An-
taimoro oder „Küstenbewohner“, die das
fruchtbare Tal bewohnten, halfen der
Mannschaft in Not. Da die Araber nicht
mehr heimreisen konnten, ließen sie sich
bei den Antaimoro nieder. Die heutigen
Könige des Bezirks Vohipeno sind ihre di-
rekten Nachfolger.
Als gläubige Moslems hatten die Araber
einige Exemplare des Koran mitgebracht.
Die Bücher zerfielen aber im Laufe der
Zeit. Da die Neuankömmlinge jedoch wus-
sten, wie man Papier herstellt, suchten sie
geeignete Pflanzen als Rohstoff und stie-
ßen dabei auf den Avoha, ein wild wach-
sendes Maulbeerbaumgewächs. Seine sta-
bilen Fasern, „schöner als das Alfa vom Ni-
lufer“, ermöglichten ihnen, Papier anzufer-
tigen und ihre heiligen Manuskripte darauf
zu schreiben. Sie brachten den Antaimoro
auch die arabische Schrift bei und bekehr-
ten viele zum Islam.
Bis vor einigen Jahren stellten nur wenige
Handwerker Papier her, ausschließlich für
den Gebrauch der „Ombiasa“, der Medi-
zinmänner, die dieses Papier speziell für ih-
re Zauberbücher verwendeten. Man glaubt
auch heute noch vielfach, diese heiligen
Search WWH ::




Custom Search