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Pousse-Pousse-Bau
in Antsirabe
ren ging ein Pousse-Pousse sogar nach
Frankreich und eines mit dem früheren
deutschen Botschafter in Madagaskar,
Heinz-Peter Behr, nach Berlin.
Jedes Gefährt erhält von der Stadtver-
waltung ein Nummernschild, der „Fahrer“
muss vor Beginn seiner läuferischen Beruf-
stätigkeit beweisen, dass er sich unfallfrei
im oft hektischen Verkehrsgewühl bewe-
gen kann. Fahrer ohne Pousse-Pousse-Füh-
rerschein werden bestraft, bei verkehrswi-
driger Fahrweise erhalten sie Strafzettel.
Rund 250.000 Ariary (etwa 100 Euro)
kostet ein funkelnagelneues Gefährt. Ein
einheimischer „Tireur“ (Zieher) kann sich
eine solche Anschaffung nur selten leisten.
Die meisten von ihnen mieten täglich ihr
„Pousse-Pousse“ von einem Unternehmer,
der viele dieser Fortbewegungsmittel sein
Eigentum nennen kann. Bei Regenschau-
ern, die im Dezember und Januar ein paar
Mal täglich vorkommen können, bleibt der
Fahrgast unter einer Plastikplane trocken,
während der Tireur die Abkühlung genießt.
Rund um die Uhr findet man die Pousse-
Pousse an jeder Straßenecke, deren Fahrer
nicht selten sogar darin schlafen. Sorgen
bereiten diesen „Taxis“ allerdings die vier
Buslinien in Antsirabe: Hier kostet die Fahrt
nur 300 Ariary, während der Tireur mindes-
tens 500 Ariary für Kurzstrecken verlan-
gen muss, um die Tagesmiete von etwa
1000 Ariary für sein Pousse-Pouse zahlen
und seinen Lebensunterhalt bestreiten zu
können. Aus diesem Grund sind auch Tou-
risten willkommene Kunden. Sobald einer
auftaucht, läutet die Glocke an einer der
beiden Holzstangen des Pousse-Pousse,
mit denen das Gleichgewicht gehalten
wird. Das Signal macht auf das Pousse-
Pousse aufmerksam, dessen Fahrer stets
auf dem Sprung ist, ein neues Ziel anzu-
steuern. Der Preis sollte - wie immer und
überall - im Voraus ausgehandelt werden,
sonst kann es am Ziel zu unliebsamen Dis-
kussionen und horrenden Forderungen
kommen.
Vor rund 15 Jahren hat sich der knapp 35-
jährige Espérance selbstständig gemacht,
nachdem er zuvor in einem benachbarten
Betrieb das Handwerk von der Pike auf er-
lernt hatte. Er ist ein Allroundtalent wie sei-
ne Kollegen in den rund zwanzig Werk-
stätten der Stadt, die sich auf den Bau der
Pousse-Pousse spezialisiert haben: Die Be-
rufe Polsterer, Schmied, Schreiner, Maler
und Schlosser sind in jedem Mitarbeiter
vereint, die mit einfachem Werkzeug Er-
staunliches bewerkstelligen. Auch der origi-
nelle Blasebalg ist Marke Eigenbau. Selbst-
verständlich werden auch Reparaturen aus-
geführt, denn bei dem schlechten Zustand
der Straßen kommt es nicht selten zu klei-
neren Pannen. Die Arbeit geht Espérance
Alex und seinen Mitarbeitern schnell von
der Hand. Jeder Griff sitzt bei der Anferti-
gung der Standardversion. Aber auch Son-
deranfertigungen für mehr Gepäck oder
größere Fahrgäste sind natürlich möglich.
Innerhalb von wenigen Tagen entsteht in
der Werkstatt an der Zufahrtsstraße zur Ta-
xi-Brousse-Station nach Betafo (nicht weit
vom Magro-Markt) ein Exemplar dieser
schönen Pousse-Pousses, die aus dem
Stadtbild von Mahajanga, Toliara, Toamasi-
na, Moramanga, Antsirabe und vielen wei-
teren Orten der Tropeninsel nicht wegzu-
denken sind. Allein in der Edelsteinmetro-
pole Antsirabe gibt es 3000 dieser Gefähr-
te. Die Sitzbänke sind überdacht, die Ge-
fährte bunt bemalt und mit hübschen Or-
namenten und einfallsreichen Namen wie
„Express“, „Olive“, „Soanambo“ (Brot-
fruchtbaum), „Berliner“, „Air France“ oder
„Tonga Soa“ (Willkommen) verziert.
Die Auftragslage ist gut. Gerade sind
18 Pousse-Pousse für das Städtchen Mora-
manga in Arbeit. Espérance „exportiert“ die
Verkehrsmittel sogar bis nach Mananjary
oder Manakara an der Ostküste. Vor Jah-
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