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sung! Chamäleons können sich jedoch je
nach Erregungszustand (Wohlbefinden,
Krankheit, Angst oder Wärme) sehr schnell
„umschminken“. Ihre Hautschuppen beste-
hen aus mehreren Schichten mit mikrosko-
pisch kleinen Farbbeuteln. Auf Kommando
der Nerven können sich die in winzigen
Punkten konzentrierten Karotine, also die
Gelb- und Orangetöne, oder die Melanine,
die braun-schwarzen Töne, schnell über eine
ganze Zelle verteilen und damit den Teil ihrer
Oberfläche in eben dieser Farbe „anmalen“.
Bei Stress ziehen sich diese Farbzellen zu-
sammen und dadurch werden die Chamä-
leons dunkel. In Ruhephasen dehnen sich die
Zellen aus, dann kommen die kräftigen, hel-
leren Farben zur Geltung. Das „Kleid“ hilft
den Meistern der Tarnung, wenn sie selbst
mit ruckartig pendelnden Bewegungen, die
dem Schwanken eines Blattes im Winde
ähneln, auf Beutejagd gehen und schützt sie
auch vor Feinden wie Raubvögeln.
Die Zehen und Finger der Urwelt-Ungetü-
me im Miniformat sind zu Greifzangen zu-
sammengewachsen, wobei die zur Klasse der
Kriechtiere gehörenden Kletterer an den Hin-
terbeinen außen drei und innen zwei Zehen
haben. Bei den Vorderbeinen ist es umge-
kehrt. Die meisten Chamäleonarten haben
zudem einen einrollbaren muskulösen Greif-
schwanz, der wie auch die Zunge manchmal
länger ist als der ganze Körper. Die kleinste
Art (Brookesia minima) hat eine Gesamtkör-
perlänge von nur 3,5 cm, während die größte
Art (Columma oustaleti) über 70 cm lang
werden kann.
Sprichwörtlich ist das Chamäleon als Be-
griff für Personen geworden, die es verste-
hen, sich jeder Umgebung anzupassen. In ei-
nigen Kulturen steht das Chamäleon für die
Zeit, da seine Augen mit ihrer Fähigkeit, nach
hinten, seitlich und nach vorn gleichzeitig zu
blicken, als Symbol für die Einheit von Ver-
gangenheit, Gegenwart und Zukunft gelten.
Das Chamäleon ist als Kletterer an ein Le-
ben in Bäumen angepasst und gilt als eher
lausiger Schwimmer. Trotzdem soll es schon
vor Millionen Jahren die Weltmeere per Floß
bereist haben, glauben amerikanische For-
scher. Ihre Lebensräume könnten die Tiere
unfreiwillig über Bäume erreicht haben, die
bei Stürmen ins Meer getrieben wurden.
Wissenschaftler vom American Museum of
Natural History in New York verglichen 52
Chamäleonarten und fanden dabei Übe-
reinstimmungen in Morphologie und Erb-
gut, die auf gemeinsame Ahnen aus Mada-
gaskar schließen lassen. Nach den Rekon-
struktionen der Forscher könnten die Ech-
sen in mehreren Wellen von der Insel in die
weite Welt aufgebrochen sein. Die For-
scher widersprechen damit früheren Mo-
dellen, nach denen sich der Vorläufer des
Chamäleons auf dem Urkontinent „Gond-
wana“ ausbreiten konnte.
Ihr wichtigstes Argument: Erste fossile
Funde früher Chamäleons sind vergleichs-
weise „junge“ 26 Millionen Jahre alt. Mada-
gaskar und Indien trennten sich aber schon
vor rund 165 Millionen Jahren vom späte-
ren afrikanischen Kontinent, Indien selber
von der Insel vor 88 Millionen Jahren. Das
Chamäleon tauchte also lange nach der
Isolation Madagaskars auf. Die Wanderung
über Meere ist schon Ameisen, Spinnen
und anderem Getier gelungen. Warum
nicht auch dem Chamäleon? „Die Wege
des Chamäleons über den Ozean werden
spekulativ bleiben“, schätzt Olivier Rippel
vom Field Museum in Chicago. Er hält die
Floß-Theorie für ebenso wahrscheinlich wie
die Vermutung, die Tiere hätten eine Land-
brücke nach Afrika genutzt. Eine solche
Verbindung könnte es nach Meinung ande-
rer Forscher noch bis vor 26 Millionen Jah-
ren gegeben haben.
Chamäleons gehören übrigens zu den
anspruchsvollsten Terrarientieren. Sie
mögen es feucht - hierfür sorgen eine gute
Bepflanzung, ein Wasserspender in den
Terrarien und zusätzliches Besprühen mit
einer Blumenspritze. Zudem ist Wärme
wichtig: Normale Zimmertemperaturen rei-
chen zumindest bei Tage nicht aus. Für Ter-
rarien-Neulinge sind Chamäleons, so die
Fachleute, nicht geeignet. Die Anschaffung
der faszinierenden Lauerjäger mit all ihren
Sondermerkmalen sollte mehr als gut über-
legt sein und dem erfahrenen Terraristen
vorbehalten bleiben.
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