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sichtigt wurden. Nachdem sie an Spei-
se und Trank sich gelabt, suchten die Ge-
fährtinnen und Gefährten eine möglichst
bequeme Lager- oder Sitzstelle; war diese
gefunden, so holte jeder und jede - vor-
ausgesetzt, dass ein Schläfchen nicht vor-
gezogen ward - die unterwegs gekauften
Sonntagsblätter aus der Tasche, und nun
begann das Lesen und Politisieren.“
1856 hatte die Not erst einmal ein Ende.
Jenny erbte 150 Pfund von einem schotti-
schen Onkel und kurz danach 120 Pfund
von ihrer Mutter. Die Familie zog nach
Hampstead, nahe dem großen Parkareal
von Hampstead Heath, in das kleine Haus
9 Grafton Terrace (heute Nr. 46). Das
schmale Gebäude besaß drei Stockwerke
und einen kleinen Garten, die Miete be-
trug 36 Pfund pro Jahr; nicht weit ent-
fernt lebte übrigens Wilhelm Liebknecht.
1862 verlor Marx seine geringen, aber
bis dahin regelmäßigen Einkünfte, als
während des amerikanischen Bürger-
kriegs die New York Daily Tribune ihr Er-
scheinen einstellte. Er bat einen hollän-
dischen Onkel um Geld und dieser über-
wies ihm auch tatsächlich eine ansehn-
liche Summe, weitere 250 Pfund bekam
Marx von Ernest Dronke, mit dem er
eng in der Communist's League zusam-
mengearbeitet hatte. Im Januar 1863
schrieb Marx an Engels, dass ein Bank-
rott bald unausweichlich sei. Doch nun
wendete sich das Schicksal: Im Winter
1863/1864 erbte Marx 600 Pfund von sei-
ner Mutter und im Mai 1864 vermachte
ihm Wilhelm Wolff, ein Freund aus frü-
heren Tagen, 800 Pfund. Die Familie zog
erneut um, blieb aber in der Gegend. Ein
größeres Haus konnte nun in 1 Modena
Villas (heute 1 Maitland Park Road) be-
wohnt werden. Zum ersten Mal in ihrem
Leben hatte jedes der Kinder ein eigenes
Zimmer, Marx reklamierte den größten
Raum des Hauses für sich und richtete
sich ein richtiges Arbeitszimmer ein. Mit
zwei Hunden, drei Katzen und zwei Vö-
geln entstand eine kleine, lange vermisste
bürgerliche Idylle. Natürlich hielt das Geld
nicht ewig, doch als wieder die ersten fi-
nanziellen Sorgen drückten, sprang 1869
erneut Engels ein und ließ Marx eine jähr-
liche Rente von 350 Pfund zukommen.
1875 zog die Familie ein Stück die Straße
hinauf und lebte nun in 41 Maitland Park
Road. Seit 1870 war auch Engels wie-
der in London und hatte nahebei, in 122
Regent's Park Road, sein Quartier. Marx
und Engels unternahmen - wann immer
das Wetter es zuließ - lange Spaziergänge
auf Hampstead Heath.
In den folgenden Jahren laborierte
Marx an verschiedenen Krankheiten, sei-
ne Gesundheit war durch Alkohol, Tabak
und die jahrzehntelange Armut ruiniert.
1881 starb Jenny. Marx war zu krank,
um an der Beerdigung teilzunehmen. En-
gels kümmerte sich um alles. Im Janu-
ar 1883 starb auch Marx' älteste Tochter
Jenny und von diesem Schlag sollte er sich
nicht mehr erholen. Zwei Monate später,
am 14. März 1883, schlief er in seinem
Lehnstuhl für immer ein. Engels organi-
sierte ein letztes Mal eine Beerdigung für
die Familie. Am 17. März wurde Marx ne-
ben seiner Frau auf dem Highgate Ceme-
tery zur letzten Ruhe gebettet. 20 Perso-
nen waren anwesend, darunter Wilhelm
Liebknecht. Engels hielt die Totenrede und
ließ einen einfachen Grabstein aufstellen.
1954 bettete man die sterblichen Reste um
und zwei Jahre später enthüllte man die
monumentale, weltweit bekannte Büste
über dem Grab.
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