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puBS ENtLANG DEr fLEEt StrEEt [N12/O12]
Viele Besucher werden sich aber bei ihrem
Gang die Fleet Street abwärts eher für die
berühmten Pubs interessieren, in denen
bis vor gar nicht so langer Zeit die Pres-
seleute in traditionsreicher Anlehnung an
ihre berühmten Vorgänger das ein oder
andere Bitter, Lager oder Ale zu sich nah-
men. Zuerst lohnt in 145 Fleet Street der
berühmteste Pub dieser Region einen Be-
such: Ye Olde Cheshire Cheese (nicht zu
verwechseln mit dem nahebei in der Lit-
tle Essex Street Nr. 5 gelegenen Cheshire
Cheese, ebenfalls eine berühmte alte Taver-
ne). Der Zugang zum Cheshire führt durch
den Wine Office Court, in dem man wäh-
rend des 17. Jh. sowohl eine Alkoholaus-
schanklizenz als auch fassweise Wein er-
stehen konnte. Im Pub becherte fast täglich
der „gute Dr. Johnson“, in späteren Jah-
ren zusammen mit seinem Biografen Ja-
mes Boswell. Ein Johnson-Stuhl, angeblich
das Sitzmöbel des Gelehrten, ist noch zu
besichtigen. Von hier erreicht man nach
zwei Minuten den Gough Square (ausge-
schildert), wo Johnson lebte.
Neben Johnson haben weitere berühm-
te Leute im Cheshire gegessen und vor al-
lem getrunken, sogar Voltaire war wäh-
rend seines dreijährigen Aufenthaltes in
London ein gern gesehener Gast. Auch der
Dramatiker Ben Jonson, ein Zeitgenosse
Shakespeares, trank hier sein Bier und
war berüchtigt für seine spitze Zunge. Ei-
nes Abends soll er - so die Überlieferung -
von einem bekannten Poeten jener Tage,
Joshua Sylvester, zu einem Reimduell he-
rausgefordert worden sein. Jonson, be-
rühmt für seine spontanen „Schüttelrei-
me“, nahm die Herausforderung natür-
lich an und Sylvester begann: „I, Sylves-
ter/kiss'd your sister.“ Jonson parierte:
„I, Ben Jonson/kiss'd your wife.“ Sylves-
ter reklamierte, dass sich das nicht rei-
me, worauf Jonson antwortete: „But it's
true.“ Den puritanischen Gegebenheiten
jener Tage folgend, stürzte sich Sylvester
auf den Dramatiker, der fluchtartig die
Kneipe verließ und sich eine Zeit lang dort
nicht blicken lassen konnte.
Auch Gilbert Keith Chesterton
(1874-1936), bekannt geworden durch
seinen Krimihelden Pater Brown, war
Stammgast im Cheshire. Im Jahre 1903,
so erzählte er einst, „verschleuderte“ er
seine allerletzten zehn Shilling in dem
Pub, um dann, nun wirklich mit dem Ge-
fühl vollständigen Bankrotts, seinen Verle-
ger um einen Vorschuss von 20 Pfund für
einen noch nicht geschriebenen Roman zu
bitten. Chestertons Strategie war erfolg-
reich, seine von der Wahrheit getragene
Darstellung überzeugend - er bekam das
Geld! Der Pub ist mittlerweile derart be-
rühmt, dass es so aussieht, als ob die vie-
len Touristen in nicht allzu ferner Zukunft
die Büroangestellten der umliegenden Fir-
men, die hier mittags ihren Lunch einneh-
men, endgültig aus der Taverne vertrei-
ben könnten.
In 99 Fleet Street lädt die Punch Ta-
vern den Durstigen ein. 1841 gründete
hier Henry Mayhew die berühmte satiri-
sche Zeitschrift Punch, die ihren Namen
von dem Pub bezogen hat. Der Pub ist bei
den Journalisten der Nachrichtenagentur
Reuters sehr beliebt.
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