Travel Reference
In-Depth Information
Die Bar - das Wohnzimmer
des Spaniers
Es gibt sie in jeder Stadt, in jedem Ort, in jedem Dorf.
Keine Gemeinde ist zu klein, eine Bar gibt es immer.
Und sie ist wichtig, ist Sozialstation, Wärmehalle, Auf-
enthaltsraum, und Wohnzimmer zugleich - ein unver-
zichtbares Medium der Kommunikation.
Wesentlicher Bestandteil einer Bar ist ihr Tresen.
Der ist oft aus Metall und wird ständig geputzt. Ein
paar Barhocker stehen zwar davor, aber das ist
zweitrangig, denn niemand setzt sich. Auf dem Tresen
stehen hinter Glas kleine Leckereien, die im Laufe des
Tages wechseln.
Eine Bar öffnet früh, gegen 8 oder 9 Uhr. Dann plat-
ziert ein verschlafener Kellner Dutzende von Tellerchen
auf dem Tresen, legt auf jeden einzelnen Zuckertüt-
chen und Löffelchen und baut sie dann in einer Weise
auf, dass dabei regelrechte Pyramiden entstehen. So ist
man für den ersten Ansturm gewappnet.
Der kommt in Form von Frühstücksgästen. Aber:
Kein Spanier hält sich lange mit dem Frühstück auf, zu
Hause sowieso nicht und auch nicht in der Bar. Einen
Kaffee, dazu etwas Gebäck, vielleicht ein Toast, even-
tuell churros (frittierte Teigkringel), damit begnügt er
sich zumeist.
Ab 11 Uhr kommen schon die Vor-Mittags-Gäste -
die, die zwischen Frühstück und Mittag noch einen
Happen brauchen, und das sind beinahe alle. Man isst
ein bocadillo, ein Stückchen tortilla oder eine empana-
da (Pastete). Ein erstes Bierchen darf auch schon sein,
alternativ ein vino. Selbst wer einen Brandy ordert, wird
nicht stirnrunzelnd abgestraft.
Gegen 12 Uhr tauchen die ersten Hausfrauen auf,
mischen sich unter die Rentner, die bei einem Glas
Wasser schon seit Stunden herumhocken und das Trei-
ben beäugen. Die Einkaufstaschen werden unten am
Tresen abgestellt und bei einem Kaffee, Wein oder
auch Wasser verschnauft Frau erstmal. Das war früher
undenkbar, aber die Zeiten ändern sich. Der Tresen ist
längst keine Bastion der Männer mehr.
Gegen 14 Uhr verlagert sich das Geschehen in den
comedor, den Speiseraum. Es beginnt die Mittagszeit.
Hat die Bar keinen comedor, wird es erstmal ruhiger.
Aber irgendwer kommt immer auf ein Gläschen, für ein
Schwätzchen oder auch nur, um den größten Hunger
zu stillen, denn ein Tagesgericht bietet eigentlich jede
Bar an.
Search WWH ::




Custom Search