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Geliebt und verpönt -
der Kampf mit den Stieren
Auch in Spanien wird um die corrida de toros heftigst gestritten, fana-
tische Befürworter zanken sich mit ebensolchen Gegnern. Tatsache
bleibt, dass der Stierkampf seinen Platz im spanischen Alltagsleben hat.
Die wichtigsten corridas werden live im Fernsehen übertragen. Damit
nicht genug, die beste und angesehenste spanische Zeitung, „El País“,
schreibt montags mit dem gleichen Ernst über die Stierkämpfe aus Mad-
rid und Sevilla wie ein paar Seiten weiter über Fußball und Basketball. Ob
Gegner oder Fan, dem Spektakel können und wollen sich nur wenige
entziehen. Viele Urlauber schauen sich in den Sommermonaten wenigs-
tens einmal eine corrida an.
Andalusien gilt gewissermaßen als die erste Liga. In den Sommermo-
naten finden jeden Sonntag in Städten wie Ronda, Estepona oder Málaga
Stierkämpfe statt, meist zur klassischen Uhrzeit um 17 Uhr. Dies ist übri-
gens schon sprichwörtlich geworden, gilt doch eine Verabredung „ a la
hora de los toros “ (zur Uhrzeit der Stiere) als klar umrissener Zeitpunkt. In
allen touristischen Orten werden Sonderfahrten angeboten, die Plakate
hängen unübersehbar aus.
Der Stierkampf entwickelte sich aus einer früheren Jugendtradition,
den Stier mit Lanzen zu bekämpfen. Erst im 16. Jh. wurde daraus ein
Sport für junge Adlige. Nachdem ihnen verboten wurde, auf diese Weise
ihr Leben aufs Spiel zu setzen, wurde es dann eine Mutprobe für das
„niedere Volk“. Die muleta, das rote Tuch, entwickelte sich aus dem
großen Mantel, mit dem Mutige dem Stier entgegentraten. Den offiziel-
len Charakter gab ihr aber erst Romera. Sein Heimatort Ronda in An-
dalusien gilt als die Wiege des Stierkampfes. Hier wurde 1775 die erste
Arena Spaniens gebaut.
Früher bestand die corrida de toros nicht nur aus würdigen Ritualen,
die nach strengen Regeln vom Torero in ebenso würdiger Haltung aufge-
führt wurden, sie war vielmehr eine Art Gaudi für jedermann. Die (männ-
lichen) Zuschauer nahmen nicht selten aktiv am Geschehen teil, stürm-
ten in die Arena, um den Stier zu ärgern oder dem Torero beizustehen.
Ebenso begnügten sich die Toreros nicht damit, den Kampf nach den all-
gemein gültigen Regeln abzuhalten, sondern man sprang schon mal über
den angreifenden Stier hinweg oder „bekämpfte“ ihn mit einem Stuhl. Im
Laufe der Zeit bildete sich die heutige Form des Kampfes heraus. Hierzu
trug im besonderen Maße ein Buch über den modernen Stierkampf des
legendären Pepe Illó bei.
Wer sich das Spektakel einmal gönnen möchte, sollte wenigstens die
Grundregeln kennen. Ein unbedarfter Zuschauer erkennt tatsächlich nur
eine unaufhörliche Folge von Versuchen, dem Stier irgendwelche Speere,
Degen oder Messer in den Nacken zu rammen. Zwischendurch wird
noch ein wenig mit dem roten Tuch gewedelt, das scheint dann alles zu
sein. Tatsächlich ist es jedoch wesentlich komplizierter. Der Ablauf ist da-
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