Environmental Engineering Reference
In-Depth Information
Zwar wird die Energiewende eng mit dem Atomausstieg verknüpft. Wirklich beendet ist
die Energiewende aber erst, wenn wir eine klimaverträgliche Energieversorgung realisiert
haben. Ernsthaft retten lässt sich das Klima nur, wenn mittelfristig alle Länder der Erde
ihre Treibhausgasemissionen auf nahezu null zurückfahren. Viele können oder wollen sich
aber ein Leben jenseits von Erdöl, Erdgas oder Kohle überhaupt nicht vorstellen.
Dabei ist es nicht einmal 300 Jahre her, dass regenerative Energien die Energieversorgung
der Erde vollständig deckten. In gut 200 Jahren wird die weltweite Energieversorgung
ziemlich sicher auch wieder weitgehend kohlendioxidfrei sein. Denn spätestens bis dann
sind auch die letzten Vorkommen an fossilen Energieträgern erschöpft. Als Folge der dann
rund 500-jährigen Geschichte der Nutzung fossiler Energieträger würde bis dahin das
Klima völlig kollabieren. Wollen wir das Klima weitgehend retten, muss uns eine kohlen-
dioxidfreie Energieversorgung bereits deutlich früher gelingen. Rund 30 Jahre haben wir
dafür noch Zeit (Abbildung 4.1) . Unsere Generation hat es also in der Hand, die Lebens-
grundlagen künftiger Generationen zu bewahren oder massiv zu gefährden.
4.1
Kohle- und Kernkraftwerke - Krücke statt Brücke
Dass eine schnelle Energiewende nicht einfach zu realisieren ist, liegt nicht daran, dass sie
technisch oder ökonomisch unmöglich wäre. Das Problem sind vielmehr zahlreiche
Akteure, die von der heuten Energieversorgungsstruktur stark profitieren und bei einer
schnellen Wende zu den Verlierern gehören. Viele Akteure, die heute die Energiewende
umsetzen sollen, haben bis vor wenigen Jahren noch generell deren Machbarkeit in Zwei-
fel gezogen. Nun sollen vom Saulus zum Paulus gewandelte Politiker und Unternehmen
das für die Menschheit wichtigste Projekt unseres Jahrhunderts zum Erfolg führen. Eine
gesunde Skepsis mag da angebracht sein. Ohne eine Bevölkerung, die den nötigen Druck
aufrechterhält, wird eine schnelle Wende vermutlich kaum gelingen. Vor allem Kohle- und
Atomkraftwerke, die gerne als Brücke für das erneuerbare Energiezeitalter bezeichnet
werden, entwickeln sich immer mehr zum Bremsklotz, denn ihre Existenz behindert
zunehmend den schnellen Ausbau von Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien.
4.1.1
Energie- und Automobilkonzerne - aufs falsche Pferd gesetzt
Die großen vier Energiekonzerne E.ON, RWE, EnBW und Vattenfall beherrschen rund 80
Prozent des deutschen Strommarkts. Diese Unternehmen hatten bereits im Jahr 2000 mit
der damaligen rot-grünen Bundesregierung einen Atomausstieg vereinbart. Wirklich ernst
gemeint hatten sie diese Vereinbarung offensichtlich nicht. Ganz nach dem Motto „Nach
Rot-Grün kommt auch wieder Schwarz-Gelb und dann machen wir alles rückgängig“,
feilten sie hinter den Kulissen an einer Laufzeitverlängerung für deutsche Atomkraftwerke
und planten und bauten zahlreiche neue Kohlekraftwerke. Im Herbst 2010 schien diese
Strategie mit der durch die damalige schwarz-gelbe Bundesregierung beschlossenen Lauf-
 
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