Environmental Engineering Reference
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1.1.4
Atomkraft - gespaltene Energie
Im Dezember 1938 spalteten Otto Hahn und Fritz Straßmann in Berlin-Dahlem, im Kaiser-
Wilhelm-Institut für Chemie, auf einem einfachen Experimentiertisch einen Urankern und
legten damit den Grundstein für die weitere Erforschung und künftige Nutzung der Kern-
energie. Der Experimentiertisch kann übrigens heute im Deutschen Museum in München
bewundert werden.
Bei dem Experiment wurde ein Uran-235-Kern durch langsame Neutronen beschossen.
Hierbei spaltete sich der Kern und es entstanden zwei atomare Trümmer Krypton und
Barium sowie zwei bis drei weitere Neutronen. Wenn noch mehr Uran-235 vorhanden ist,
können diese neuen Neutronen ebenfalls Urankerne spalten, die wiederum Neutronen
freisetzen und somit entsteht eine Kettenreaktion. Ist die Uranmenge ausreichend groß,
entsteht durch eine unkontrollierte Kettenreaktion eine Atombombe. Gelingt es, die Ge-
schwindigkeit der Kettenreaktion zu kontrollieren, lässt sich Uran-235 auch als Brennstoff
für Kraftwerke nutzen.
Bei der Kernspaltung gibt es einen so genannten Massendefekt. Die Masse aller Teilchen
nach der Spaltung ist geringer als die des ursprünglichen Urankerns. Bei der vollständigen
Spaltung von einem Kilogramm Uran-235 kommt es zu einem Masseverlust von einem
einzigen Gramm. Diese verlorene Masse wird dabei vollständig in Energie umgewandelt.
Dabei wird eine Energiemenge von 24 Millionen Kilowattstunden frei. Um die gleiche
Energiemenge freizusetzen, müsste man rund 3000 Tonnen Kohle verbrennen.
Kernenergienutzung in Deutschland
Die Pariser Verträge vom 5. Mai 1955 gestatteten Deutschland die zivile Nutzung
der Kernenergie. Die Erwartungen waren hoch. Es wurde eigens ein Atomministe-
rium geschaffen. Der erste Atomminister hieß Franz Josef Strauß. Am 31. Oktober 1957 nahm
Deutschland an der TU München den ersten Forschungsreaktor, das so genannte Atomei in Be-
trieb. Im Juni 1961 speiste das Kernkraftwerk Kahl erstmals Strom in das öffentliche Stromnetz
ein. Im Jahr 1972 begannen die kommerziellen Kernkraftwerke Stade und Würgassen mit der
Stromlieferung, und im Jahr 1974 wurde mit Biblis der weltweit erste Block mit 1200 Megawatt
in Betrieb genommen. Im Jahr 1989 ging das letzte neu errichtete Kraftwerk Neckarwestheim
ans Netz. Der Bund hatte bis dahin über 19 Milliarden Euro in die Forschung und Entwicklung
der Kernenergie investiert. Die Sorgen der Bevölkerung wegen der Risiken der Kernenergie
nahmen jedoch stetig zu und verhinderten den Bau weiterer Kraftwerke. Im Jahr 2000 beschloss
Deutschland schließlich den Atomausstieg. Nachdem eine andere Bundesregierung im Jahr 2011
erst einmal die Laufzeiten wieder deutlich verlängerte, wurde bereits im gleichen Jahr nach den
Unfällen im Atomkraftwerk Fukushima erneut der Ausstieg beschlossen. Nach heutigem Stand
wird danach das letzte Atomkraftwerk in Deutschland im Jahr 2022 vom Netz gehen. Trotz
einer über 50-jährigen Geschichte der Kernenergienutzung in Deutschland ist die Problematik
der Endlagerung hochradioaktiver Stoffe bis heute nicht endgültig geklärt.
Nach Hahns Entdeckung wurde die Nutzung der Kernenergie vor allem durch die Militärs
vorangetrieben. Albert Einstein, der im Jahr 1933 vor der nationalsozialistischen Verfol-
gung in die USA emigriert war, verfasste am 2. August 1939 einen Brief an den damaligen
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