Environmental Engineering Reference
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verfall Ende der 1980er-Jahre. Damit verringerte sich auch das Engagement der Industrie-
nationen zur Nutzung regenerativer Energien wieder stark.
Vom elsässer Heringsfass zum Erdölbarrel
Die kommerzielle Erdölförderung im europäischen Kulturkreis hat ihren Ursprung in
Pechelbronn im Elsass und geht auf das Jahr 1735 zurück. Dort begann man auch,
Erdölprodukte in Fässer abzufüllen. Hierzu wählte man gereinigte Heringstonnen. Gesalzener
Hering wurde damals in großen Mengen in Fässern verkauft, sodass diese Fässer vergleichswei-
se billig waren. Mit zunehmender Ölproduktion wurden später eigens Fässer der eingeführten
Größe gefertigt. Den Fassboden strich man blau, um einer Verwechslung mit Fässern für Nah-
rungsmittel vorzubeugen. Als in den USA die kommerzielle Erölförderung begann, übernahmen
die Unternehmen die Techniken aus dem Elsass. Dazu gehörten auch die Heringsnormfässer, die
nun die englische Bezeichnung Barrel für Fass trugen. Seitdem hat sich das Heringsfassvolumen
als internationale Maßeinheit für Erdöl gehalten. Die Abkürzung für Barrel lautet bbl, was für
„blue barrel“ steht, und bedeutet ein Fass mit blauem Boden.
1 petroleum barrel (US) = 1 bbl (US) = 158,987 l (Liter)
Der dramatische Preisverfall für Rohöl von fast 40 US-Dollar pro Barrel auf 10 Dollar
führte zu wirtschaftlichen Problemen einiger Förderländer und machte es auch unattraktiv,
neue Ölquellen zu erschließen. Im Jahr 1998 konnte die Einigkeit der OPEC-Staaten weit-
gehend wieder hergestellt werden. Man verständigte sich auf geringere Förderquoten, um
einen weiteren Preisverfall zu stoppen. Der Preis stieg, und zwar stärker als anfänglich
beabsichtigt. Nun rächten sich die fehlenden Investitionen in Energiesparmaßnahmen. Der
Wirtschaftsboom in China und anderen Ländern kurbelte die Nachfrage nach Erdöl weiter
an, die nun kaum noch zu decken war. In der Folge kletterten die Ölpreise auf immer neue
Rekordhochs. Auch wenn der Ölpreis durch die Finanzkrise zwischenzeitlich stark fiel,
sind wegen der begrenzten Vorkommen immer wieder neue Rekordpreise zu erwarten.
Dennoch hat sich seit Anfang der 1980er-Jahre einiges grundlegend geändert. Der Energie-
verbrauch stagnierte in vielen Industrieländern trotz anhaltenden Wirtschaftswachstums
auf hohem Niveau und es setzte sich die Erkenntnis durch, dass Energieverbrauch und
Bruttosozialprodukt nicht zwangsläufig aneinander gekoppelt sind. Steigender Wohlstand
ist auch bei stagnierendem oder sinkendem Energieverbrauch möglich. Nichtsdestotrotz
wurde wegen der lange Zeit anhaltenden niedrigen Ölpreise versäumt, wirkliche Alternati-
ven aufzubauen und Einsparmöglichkeiten zu nutzen.
Dies zeigt sich vor allem im Automobilsektor. Die Autos wurden schneller, komfortabler,
schwerer und PS-stärker, aber nur geringfügig sparsamer. Heute steht der glückliche
Jahreswagenbesitzer mit 50 PS mehr als vor 15 Jahren im Stau, was jedoch durch die
Klimaanlage und eine Hightech-Stereoanlage erheblich angenehmer ist. Dafür ist auch der
Tank größer, damit das schwerere Auto bei fast gleichem Verbrauch noch den Weg bis zu
nächstbilligeren Tankstelle schafft. Als Folge der Klimadiskussion und der hohen Ölpreise
müssen nun die Automobilkonzerne im Zeitraffertempo dem Auto Eigenschaften hinzu-
fügen, die in den letzten Jahrzehnten kaum gefragt waren: Sparsamkeit und geringer Aus-
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