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CAPRI SONNE
»Ich hörte nun das Meer um all jene wunderbar gestalteten Felsen rauschen, die schon
von Neapel aus meinen Sinn zauberisch gefangen genommen. Jede brandende Wel-
lenreihe sang mir zu: ich sei vom Festlande geschieden, auf einer Klippe, wo ein einfa-
ches Volk von Fischern und Gärtnern wohnt, und der Hufschlag der Rosse und das
Geroll der Wagen unbekannt ist.«
August Kopisch: Entdeckung der Blauen Grotte auf der Insel Capri
Allein der Klang des Namens Capri regt
zum Schwärmen an. Jedoch muss vor-
her eingeräumt werden, dass Capri nicht
gänzlich autofrei ist. Es existieren vier
Straßen, auf denen sich der motorisierte
Verkehr abspielt. Warum sich Capri den-
noch in diesem Buch befindet, liegt darin
begründet, dass die nicht ganz kleine In-
sel zu 90 % autofrei ist. Als August Ko-
pisch in seiner Reiseerzählung 1826 die
Abwesenheit der Wagen hervorhob,
meinte er »Fuhrwerke« und »Rosse«. Er-
staunlich doch, dass im 19. Jahrhundert
Menschen ähnlich dachten, in einer Zeit,
die man sich heute als eine besonders
ruhige vorstellt. Der Schriftsteller Ferdin-
and Gregorovius betonte 1853 ebenfalls
die angenehme Stille Capris: »ihre
Schönheit, ihre Stille und Heimlichkeit
ist mit Worten kaum zu sagen.«
Nicht erst seit Rudi Schurickes be-
rühmtem Schlager »Capri-Fischer« von
1946, in dem die rote Sonne bei Capri
im Meer versinkt, weckt der Name der
Insel Vorstellungen von Romantik und
Schönheit. Und selbst bei kritischer Be-
trachtung ist festzustellen, dass die In-
sel diesen Vorstellungen tatsächlich
sehr nahe kommt. Schon der römische
Kaiser Tiberius war von der Insel so an-
getan, dass er seinen Regierungssitz auf
Capri verlegte. Die Ruinen des kaiser-
lichen Palastes können noch heute be-
wundert werden. Die Ruhe, Abgeschie-
denheit und Farbenpracht der Insel zo-
gen nicht nur Kaiser und Bonzen an,
sondern auch Künstler, die die Insel in
Scharen aufsuchten. Der Nobelpreis-
träger Pablo Neruda weilte 1952 wäh-
rend seines Exils auf Capri. Er schrieb
von einer »Insel der tausend Gärten«
und einem Ort »trunkenmachender
Schönheit«. Speziell Engländer bildeten
eine regelrechte Schriftstellerkolonie:
Norman Douglas, der ab 1903 auf Capri
lebte, versammelte immer wieder junge
und alte Autorenkollegen von den Briti-
schen Inseln auf der wärmeren italieni-
schen Insel. Wenn Sie im heutigen Café
Funicolare in Capri sitzen, gedenken Sie
des großen Künstlers, der dort täglich
seine Whiskeys zu sich nahm. Graham
Greene, ein weiterer großer englischer
Autor, erwarb 1948 mit den Tantiemen
aus »Der dritte Mann« die Villa Il Rosaio
in Anacapri. Er wollte hier eigentlich
nicht leben, er war auf Capri, weil er ein-
fach nirgendwo sonst leben konnte.
Greene: »In Il Rosaio erledige ich in vier
Wochen die Arbeit, für die ich anderswo
6 Monate brauche«.
Rainer Maria Rilke kam 1907 und D.H.
Lawrence überwinterte 1920/21 auf
Capri. Generell war damals der Winter
die Hauptsaison. Nordländer reisten in
den wärmeren Süden, um der kalten
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