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Bier im Pott
Dortmunder Bieres kam. Zu einer wahren
Spezialität Dortmunds wurde das Export-
bier, im Ausland einfach „Dortmunder“ ge-
nannt, das über einen höheren Stammwür-
zegehalt als das berühmte Pilsener verfügt.
Ab dem 19. Jahrhundert setzte sich im
Ruhrgebiet untergäriges Bier bayrischer
Brauart durch. Bis dahin wurde obergäriges
Bier, ähnlich dem Alt, gebraut.
Mit dem Boom von Kohle- und Stahlin-
dustrie im Laufe des 19. Jahrhunderts setzte
die „Völkerwanderung“ von Brauern aus
anderen Gegenden Deutschlands ins Ruhr-
gebiet ein. So schuf der aus Franken stam-
mende Johann Joachim Schlegel in Bochum
die nach ihm benannte Kultbrauerei. 1854,
als an Rhein und Ruhr noch Landwirtschaft
und kleine Handwerksbetriebe vorherrsch-
ten, begann er, bayerisches Bier zu brauen.
In Duisburg schuf Theodor Henricus König
die Grundlagen für eine Bier-Dynastie, die
bis heute erfolgreich braut.
Brinkhoff und Kronen in Dortmund, Stau-
der in Essen, Fiege in Bochum: Das Bierge-
schäft lohnte sich. Bergmänner und Stahl-
werker strömten zu Zehntausenden ins Re-
vier; unter dem Begriff „Staubbekämpfung“
genossen die Kumpel nach getaner
Schwerstarbeite ein paar frisch gezapfte
Bierchen. Clever und geschäftstüchtig, hat-
ten die Brauherren sowohl ihre Brauereien
als auch viele Verkaufsstände in unmittel-
barer Nähe zu den Arbeitsplätzen, ja direkt
vor den Fabriktoren errichtet.
Im Laufe von Kohle- und Stahlkrise ver-
schwanden viele der Hochöfen, Hütten
und Zechen und mit ihnen zahlreiche Brau-
ereien, Kneipen und Verkaufsstände. Trotz-
dem ist Bier noch immer das Getränk der
Region, und auf der Themenroute „Brot,
Korn und Bier“ der Route Industriekultur
kann man sich davon überzeugen.
Eine angenehme Überraschung bei
„Bierverkostungen“ im Ruhrgebiet ist übri-
gens der Preis, denn das kühle Gersten-
nass ist in der Regel um einiges günstiger
als in Süddeutschland oder dem benach-
barten Ausland. Na denn: Prost!
Ob in der Halbzeitpause eines Bundesliga-
spiels, vor einer der tausend Kneipen im
Bochumer „Bermudadreieck“ oder wie
einst Schimmi „anne Bude“ - ein kühles
Bierchen, vorzugsweise eines direkt aus
der Region, gehört im Ruhrgebiet einfach
dazu. Immerhin liegt die Städtelandschaft
an der Ruhr in einem der bierseligsten Bun-
desländer Deutschlands. Ob Diebels aus Is-
sum, Krombacher aus Kreuztal, Veltins aus
Grevenstein oder Warsteiner aus dem
gleichnamigen Städtchen: Der ach so bay-
rische Gerstensaft ist auch hier im Westen
allgegenwärtig. Und auf Bier und Brauerei-
en stößt der durstige Reisende nicht nur im
Umland, sondern traditionell auch mitten
im Herzen des „Potts“.
Es wird nicht verwundern: auch die Ge-
schichte des Bieres hängt, wie fast alles an-
dere in der Region, eng mit der Industrie-
geschichte des Ruhrgebiets zusammen.
Werbeslogans wie „Bochums Dreiklang,
merk ihn dir: Kohle, Eisen, Schlegelbier“
bringen die wirtschaftlichen Wechselwir-
kungen auf den Punkt. Der Höhepunkt der
Brauwirtschaft fiel in die Zeit, als Kohle-
und Stahlproduktion im Zenit standen.
Ursprünglich hatte man im Ruhrgebiet,
wie auch andernorts, so genanntes Grut-
bier, ein Gebräu aus allerlei Kräutern, das
mit unserem modernen Bier geschmacklich
wenig zu tun hatte. Erst ab dem 15. Jahr-
hundert begann man hier damit, Hopfen
beim Brauprozess einzusetzen.
Als die Bierstadt im Revier profilierte sich
von frühester Zeit an Dortmund. Namen
wie Dortmunder Union und Dortmunder
Actien stehen für einen Spitzenplatz unter
den Bierstädten der Welt. Bereits im Jahre
1293 erhielt man hier als freie Reichsstadt
das begehrte kaiserliche Braurecht, mit
dem sich prächtig Geschäfte machen ließ.
In der Umgebung wuchsen Neid und Miss-
gunst, so dass es im späten Mittelalter zu
regelrechten Kriegen um den Transport des
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