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Kasten 4.28 Das Alter der Erde - eine historische Entwicklung
Die erste Abschätzung des Erdalters nahm
der irische Bischof James Ussher im Jahre
1654 vor. Er errechnete anhand der bibli-
schen Überlieferung, dass Gott die Erschaf-
fung der Welt am Vorabend („ nightfall “ist
die genaue Zeitangabe) zum Sonntag, den
23. Oktober 4004 vor Christus abgeschlossen
hatte. Im 18. Jahrhundert allerdings fiel da-
maligen Geologen wie z.B. James Hutton
auf, dass der vor 1500 Jahren von den Rö-
mern erbaute „Hadrians Wall“ in Nordeng-
land kaum Veränderungen aufwies, woraus
man auf ein deutlich älteres Alter der Erde
mit ihren Bergen und Tälern schließen
musste. Charles Lyell schätzte anhand der
Evolutionsgeschwindigkeit von Mollusken
seit dem Pleistozän das Alter von tertiären
Mollusken ab und kam für das Känozoikum
auf ein Alter von rund 80 Millionen Jahren -
was einem Fehler von nur 25% entspricht!
Ende des 19. Jahrhunderts dann publizierte
der englische Lord Kelvin seine Ansicht, die
Erde müsse 20-40 Millionen Jahre alt sein,
da sie am Anfang geschmolzen gewesen sei
und dies die Zeit sei, die sie zum Abkühlen
benötige. Mit der Entdeckung der Radioak-
tivität, durch die ja eine interne Wärmepro-
duktion stattfindet, war allerdings klar, dass
dieser Zeitraum zu kurz geschätzt war. Um
1900 berechnete dann der Ire John Joly ein
Alter von 90 bis 100 Millionen Jahre, indem
er analysierte, wie viel Salz ein Fluss ins Meer
einträgt und wie viel Salz dort heute enthal-
ten ist. Über gemessene Sedimentationsra-
ten und eine Abschätzung der Mächtigkei-
ten von Sedimentgesteinen wurde das Alter
zwischen 1860 und 1910 auf 1,6 Milliarden
Jahre erhöht.
Nachdem Becquerel imJahre1896die Radio-
aktivität entdeckt hatte, bestimmten Ru-
therford und Boltwood im Jahr 1905 das Al-
ter von Gesteinen mit der U-He-Methode
und kamen auf ein Erdalter von etwa 500
Millionen Jahren. Dieser Bestimmung folgte
ein Alter von 1,68 Milliarden Jahren, das
Boltwood bei Anwendung des U-Pb-Systems
für einen Uraninit erhielt.
Im Jahre 1956 schließlich publizierte der
Amerikaner Clair Patterson Blei-Isotopen-
Analysen, die auf ein Erdalter von 4,55 Milli-
arden Jahren hindeuteten. Ihm war klar,
dass durchschnittliches terrestrisches Blei auf
den Trend der Bleiisotope von Meteoriten
fallen müsste, wenn die Erde und die Meteo-
rite gleich alt sind und ursprünglich isoto-
pisch identisches Blei enthielten. Also analy-
sierte er rezentes atlantisches Ozeanboden-
sediment , da er annahm, dies zeige eine ter-
restrische Durchschnittszusammensetzung.
In der Tat war diese Probe (durch Zufall oder
Können?) offenbar so gut gewählt, dass der
gemessene Wert auf den meteoritischen
Blei-Isotopentrend fiel und er nach der U-Pb-
Methode ein Alter für die Erde erhielt, dass
nur um 0,1% vom heute, nach Jahrzehnten
und einer großen Zahl höchst genauer und
umständlicher Untersuchungen, als gesi-
chert angesehenen Alter abwich! Hätte er
übrigens Tiefseesedimente anstelle der von
ihm gewählten Probe analysiert, so wäre das
Ergebnis wohl deutlich anders gewesen, da
man heute weiß, dass hier die Blei-Isotopie
deutlich variabler ist. Dies ist das Glück, das
ein Wissenschaftler halt auch manchmal
braucht.
dann die Anwendung des U-Pb-Systems, aller-
dings, da man von Isotopen noch gar nichts
wusste, als chemische Datierung ,indemman
einfach Uran- und Blei-Konzentrationen ver-
wendete. Dieses System ist noch heute eines
der genauesten Datierungssysteme in den Geo-
wissenschaften. Bei Anwendung höchster prä-
parativer Reinheit und genauester Messungen
liegen die Fehler unter 0,1 ‰! Damit ist es
möglich, z. B. die Entstehung angritischer Me-
teorite vor 4,5662 Milliarden Jahren auf 100.000
Jahre genau zu datieren!
Das U-Pb-Th-System ist komplexer als die zu-
vor behandelten Rb-Sr- und Sm-Nd-Systeme,
da es mehrere Mutter- und verschiedene Toch-
terisotope gibt. Prinzipiell zerfallen Uran und
das häufig mit ihm zusammen vorkommende
Thorium über eine Reihe relativ kurzlebiger
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