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Kasten 4.22 Bakterielle Schwefelumsetzung in Bergbau-
folgelandschaften
In der Folge von Erzbergbau werden häufig
riesige Halden aufgetürmt, die entweder
ökonomisch uninteressante Erzminerale
(z.B. Pyrit) oder aber das interessante Erzmi-
neral in subökonomischen Konzentrationen
führen. In diesen der Luft ausgesetzten Hal-
den findet dann eine intensive Oxidation
der Sulfide zu Schwefelsäure und Sulfaten
statt, die häufig leicht in Wasser löslich sind.
Pyrit beispielsweise wird anorganisch gemäß
folgender Gleichung umgesetzt:
den zwei Reaktionen, die für die dann effizi-
entere Oxidation des Pyrits in der dritten
Gleichung nötig sind:
4Fe 2+ +O 2 +4H + =4Fe 3+ +2H 2 O
2S 2- +7O 2 +2H 2 O=4H + +4SO 2-
Katalysierte Pyrit-Oxidation:
14 Fe 3+ +FeS 2 +8H 2 O=15Fe 2+ +
2SO 2- +16H +
Solche Umsetzungen treten automatisch im
Bereich alter Bergbauhalden wie auch an
übertage anstehenden Erzkörpern auf. Zum
Teil wird diese Umsetzung aber auch bio-
technologisch genutzt, um Spurenelemente
wie Kupfer, Uran oder Gold aus ansonsten
kaum prozessierbarem Erz herauszulösen
(„ acid mine drainage “). Diese extrem sauren
und z.T. toxischen Bergbauwässer können
natürlich erhebliche Umweltzerstörungen
anrichten. In Spanien ist dies in den 1990er
Jahren auch tatsächlich geschehen.
Nicht katalysierte Pyrit-Oxidation:
4FeS 2 +15O 2 +2H 2 O=2Fe 2 (SO 4 ) 3 +2H 2 SO 4
Rein thermodynamisch kontrolliert, würde
die Oxidation unter Oberflächenbedingun-
gen sehr langsam ablaufen, doch wird sie
durch Sulfid oxidierende, acidophile (säure-
liebende) Mikroorganismen wie z.B. Acido-
thiobacillus thiooxidans stark beschleunigt.
Dabei katalysieren die Bakterien die folgen-
ren sich bei Temperaturen zwischen 0 und
100 °C, bei Salinitäten bis zu 30 % NaCl, also
dem Zehnfachen der Meerwassersalinität, und
auch Drücke bis zu 1 kbar oder pH-Wert-Vari-
ationen zwischen 4 und 10 können sie nicht an
ihrer Vermehrung hindern.
Man geht heute davon aus, dass solche Bakte-
rien an der Bildung vieler Sulfid-Lagerstätten
im marinen Milieu maßgeblichen Anteil hat-
ten. Prominentes Beispiel dafür ist der mittel-
europäische Kupferschiefer , ein riesiges, von
Hessen durch Sachsen-Anhalt, Sachsen und
Brandenburg bis nach Polen hineinziehendes
kupferhaltiges toniges Sedimentpaket mit ho-
henGehaltenanKupferundmitAnreicherun-
gen von Nickel, Silber und Platingruppenele-
menten, das in der DDR bis in die 80er Jahre
hinein abgebaut wurde und das derzeit in Ost-
deutschland, z. B. in der Lausitz, wieder inten-
siv exploriert wird. Doch auch in Bergbaufol-
gelandschaften sind Schwefel umsetzende Bak-
terien aktiv (Kasten 4.22).
Da Sedimente generell relativ hohe Sulfidge-
halte haben (durchschnittlich 5000 ppm gegen-
über etwa 200 ppm in Magmatiten und Meta-
morphiten), ist in ihnen ein Großteil, nämlich
fast 2/3, des Schwefels gebunden, der im Sys-
tem Kruste + Ozean vorhanden ist, während
im Ozean immerhin 10 % des Schwefels residie-
ren.DadiemittlereVerweildauerdesSchwefels
im Ozean knapp unter 8 Millionen Jahre be-
trägt, wird dieser Schwefel also innerhalb geo-
logisch kurzer Zeiträume umgesetzt, was kon-
kret heißt: ausgefällt, überwiegend als Gips,
aber vermutlich unter bakterieller Beteiligung
auch zu etwa einem Drittel als Sulfid. Diese
Sedimente (Ozeanbodensedimente oder Eva-
porite) werden natürlich in den normalen
Gesteinskreislauf einbezogen, sodass der Oze-
an mit dem krustalen Schwefel gleichsam
„kommuniziert“ und in Form dieser Sedimente
innerhalb geologisch kurzer Zeiten ein Archiv
der Schwefelisotopie produziert. Durch die
Untersuchung mariner S-haltiger Sedimente
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