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Kasten 4.10 Die Entwicklung der Atmosphäre im Verlaufe
der Erdgeschichte
Die kurz nach der Bildung der Erde entstan-
dene Uratmosphäre bestand wohl überwie-
gend aus Wasserstoff, Methan, Helium und
Ammoniak, ging aber aufgrund der hohen
Temperaturen, der schnelleren Erdrotation,
des Einsetzens des Sonnenwindes und der
großen Zahl an Impakten vermutlich inner-
halb der ersten 100 Millionen Jahre völlig ver-
loren.
Nach deutlicher Abkühlung entstand aus den
durch Vulkanismus verursachten Ausgasun-
gen eine neue Erdatmosphäre , die aufgrund
der inzwischen erfolgten Differentiation von
Kern und Mantel deutlich oxidierter war (da
das reduzierte Eisen ja großenteils im Kern
verpackt worden war und damit eine große
Masse an Reduktionsmittel wegfiel). Unter
der Voraussetzung, dass die Erdatmosphäre
noch zu warm war, um Niederschläge zuzu-
lassen und Ozeane zu bilden, würde die At-
mosphäre zu ca. 80% aus Wasserdampf, 10%
CO 2 ,5-7%H 2 S und kleinen Mengen von
Stickstoff, Methan, Helium, Kohlenmonoxid
und Ammoniak bestanden haben. Nachdem
die Siedetemperatur unterschritten war, reg-
nete das Wasser dann großenteils aus (man
geht von bis zu 40.000 Jahren Dauerregen
aus!), die Ozeane bildeten sich, und zurück
blieben überwiegend CO 2 und Stickstoff, da
die anderen Verbindungen durch die starke
UV-Strahlung wohl leicht zerstört wurden
oder in den Weltraum entwichen. Da CO 2 in
hohem Maße in den Urozeanen gelöst bzw.
dann als Karbonat ausgefällt wurde, rei-
cherte sich Stickstoff passiv immer weiter an.
Ab etwa 3,5 Milliarden Jahren gab es in den
Ozeanen die ersten Photosynthese betreiben-
den Lebewesen, die CO 2 und Wasser zu Bio-
masse und Sauerstoff verarbeiteten. Zunächst
wurde der dabei erzeugte Sauerstoff
noch in den Ozeanen für chemische Reaktio-
nen wie z.B. die Oxidation von Eisen oder die
Oxidation von H 2 S verbraucht. Dabei entstan-
den z.B. die Bändereisenerze , die auch als
BIFs ,„ banded iron formations“ , bekannt
sind. Ab etwa 2,3 Milliarden Jahre allerdings
konnte sich Sauerstoff über lange Zeit im-
mer weiter in der Atmosphäre anreichern
und hatte vermutlich bei einer Milliarde Jah-
ren eine Konzentration von 3% erreicht. Ab
etwa 1,5 Milliarden Jahren entstanden die
ersten aeroben Lebewesen , die Sauerstoff
zum Energiegewinn nutzten („Atmung“). Die
Bildung von Ozon in der höheren Atmo-
sphäre trug zur Abschirmung von UV-Strah-
lung auf der Erdoberflähe bei, was Auswir-
kungen auf die Entwicklung der Lebewesen
hatte. Nachdem die restlichen „Sauerstoff-
senken“, also zweiwertiges Eisen oder Sul-
fide, großenteils oxidiert waren, stieg vor
500-600 Millionen Jahren der Sauerstoffge-
halt der Atmosphäre Photosynthese -bedingt
relativ schnell auf vermutlich etwa 12% an.
Um diese Zeit setzte auch die als „ kambrische
Explosion “ bekannte Entwicklung höheren
Lebens ein. Im weiteren Verlauf erhöhte sich
der Sauerstoffgehalt weiter auf über 30% im
Karbon, zeigte danach jedoch massive
Schwankungen (siehe Abb. 4.39) zwischen
15% in der Untertrias und 26% in Jura und
Kreide, um später auf den heutigen Wert von
21% abzufallen. Die Rekonstruktion des pa-
läoatmosphärischen Sauerstoffgehalts er-
folgt dabei über die Variation von Kohlen-
stoffisotopen in Sedimenten basierend auf
der Hypothese, dass es eine Verbindung zwi-
schen der Akkumulation reduzierten Kohlen-
stoffs in Sedimenten, ihrer Kohlenstoffisoto-
pie und dem Sauerstoffgehalt der Atmo-
sphäre gibt.
40
“Kambrische Explosion”
30
20
10
0
0
600
500
200
Zeit vor heute (Ma)
400
300
100
4.39 Der Sauerstoffgehalt der Atmosphäre in
den letzten 650 Millionen Jahren, rekonstruiert
durch die Untersuchung der Kohlenstoff- und
Schwefelkreisläufe (siehe z.B. Abschn. 4.9), die
den Sauerstoffgehalt der Atmosphäre maßgeb-
lich puffern bzw. von ihm abhängig sind. Nach
Berner (1999).
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