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ihre Berechtigung. So geht man davon aus, dass
der Mantel in der Tat zu Beginn chemisch ho-
mogen zusammengesetzt war und dass er na-
türlich Dichte-stratifiziert ist, was aber offen-
bar den Austausch von Material innerhalb des
Mantels, zwischen Mantel und Kruste und über
die Kern-Mantel-Grenze hinweg nicht behin-
dert. Auch glaubt man, dass der obere Mantel
bis in große Tiefen (ca. 2000 km) überwiegend
verarmt und ausgegast ist, dass aber die mit
der Tiefe zunehmende Viskosität ab etwa
1000 km Tiefe die Durchmischung verlang-
samt, sodass in tieferen Bereichen eher pri-
mordiale Zusammensetzungen erhalten geblie-
ben sein können.
Eine neue Idee von Bercovici und Karato aus
dem Jahr 2003 bietet möglicherweise die
Chance, alle Beobachtungen in einer einheitli-
chen Hypothese zu erklären. Konkret schlägt
diese Theorie, die von einem einzigen durch-
mischten Mantel ausgeht, folgendes vor: Durch
diefortwährendeSubduktionvonozeanischer
Kruste bis in den unteren Mantel werden dau-
ernd Mantelgesteine (im festen Zustand) nach
oben „gedrückt“. Beim Verlassen der Über-
gangszone in 410 km Tiefe findet die bekannte
Phasenumwandlung von Wadsleyit nach Olivin
statt (siehe Kasten 3.6). Da Wasser in Wadsleyit
und anderen Übergangszonenmineralen besser
löslich ist als im Olivin des oberen Mantels,
findet hier eine Dehydratisierungsreaktion
statt, und das frei werdende Wasser bedingt
partielle Schmelzvorgänge. Wohlgemerkt - wir
redenüberwenigehundertbistausendppm
Wasser in diesen nominell wasserfreien Mine-
ralen.
Eine solche Schmelzschicht könnte nun wie ein
Filter die inkompatiblen Elemente der nach
oben steigenden festen Mantelgesteine heraus-
filtern, sodass im oberen Mantel ein an inkom-
patiblen Elementen verarmtes Reservoir ent-
steht, aus dem z. B. die MOR-Basalte ausge-
schmolzenwerden.FürPlumeskönntedieser
Filter außer Kraft gesetzt werden, weil durch
die höhere Aufstiegsgeschwindigkeit die Ver-
weilzeit in der kritischen Schmelzzone kürzer
ist und die Wasserlöslichkeit aufgrund der hö-
heren Temperatur reduziert ist, was dazu führt,
dass sich beim Eintritt in den oberen Mantel
wenigerSchmelzebildenkann.DieseTheorie
erscheint elegant und geeignet, die Mantelkon-
troverse beizulegen.
Wenn man also tatsächlich von einem großräu-
mig konvektierenden Mantel ausgeht, so kann
mandurchdieAnalysederobenerwähnten
Granatperidotite auch tatsächlich die heutige
Mantelzusammensetzung bestimmen. Sie ist in
Tabelle 4.6 angegeben, wobei wiederum ver-
schiedene Quellen zitiert sind, um Unsicher-
heiten der Abschätzung deutlich zu machen.
DerprimordialeMantelvorderBildungder
Erdkruste errechnet sich dann entweder wie in
Abschnitt 4.5.2 beschrieben, oder aber einfach
aus der Addition von heutigem Mantel und
heutiger Kruste, was im nächsten Abschnitt be-
sprochen wird.
Zum Abschluss des Abschnitts über den Erd-
mantel muss noch ein Modell erwähnt werden,
das wesentlich zum Verständnis des Erdman-
tels und seiner Phasenpetrologie beigetragen
hat: das Pyrolit-Modell von Green und Ring-
wood aus dem Jahr 1963. Da damals nicht völ-
lig klar war, ob Peridotite wirklich die Durch-
schnittszusammensetzung des Mantels wider-
spiegeln, da außerdem immer wieder Basalte in
Form subduzierter Ozeanböden in den Mantel
rezykliert werden und da auch basaltische
Schmelzen beim Aufstieg noch im Mantel ste-
cken bleiben und unter den dort herrschenden
Druck-Temperatur-Bedingungen als magmati-
sche Eklogite auskristallisieren, betrachteten
sie den Mantel vereinfacht als ein Gemisch aus
Dunit (aus dem die Basalte ausgeschmolzen
worden waren) und Basalt im Verhältnis 3 zu 1.
Dies ist der in vielen Publikationen erwähnte
Pyrolit, der für viele Experimente verwendet
wurde, und diese Zusammensetzung war gut
genug gewählt, dass man mit den gefundenen
Phasenzusammenhängen in der Tat seismi-
sche, geologische und geochemische Daten er-
klären konnte. Sie ist dem Granatperidotit auch
tatsächlich sehr ähnlich, wenn auch etwas är-
meranMgundreicheranAl,Fe,CaundNa
(Tabelle 4.6).
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