Geology Reference
In-Depth Information
Kasten 4.3 Die natürlichen Atomreaktoren der Oklo-Mine
in Gabun
In Uranerzen aus der Oklo-Mine im afrikani-
schen Gabun analysierten französische Wis-
senschaftler in den 1970er Jahren unge-
wöhnlich niedrige 235 U/ 238 U-Verhältnisse. 235 U
zerfällt etwa 6,3-mal schneller als 238 U, das
eine Halbwertszeit von rund 4,5 Milliarden
Jahren hat, und produziert daher deutlich
mehr thermische (das sind hochenergeti-
sche) Neutronen, die zum Start und zur Auf-
rechterhaltung einer nuklearen Kettenreak-
tion, wie sie z.B. in Atomreaktoren abläuft,
benötigt werden. Da sich (siehe Abschn.
4.8.3.3) das 235 U/ 238 U-Verhältnis durch nor-
male radioaktive Zerfallsreaktionen ohne
Kettenreaktionen nur entlang einer leicht
berechenbaren Kurve verändert, belegt jede
Abweichung von dieser Linie Prozesse, die
nichts mit dem normalen radioaktiven Zer-
fall zu tun haben. Die Wissenschaftler inter-
pretierten die gemessenen Verhältnisse als
Anzeichen für eine natürlich abgelaufene
nukleare Kettenreaktion, bei der mehr 235 U
als 238 U verbraucht wurde. Den endgültigen
Beweis stellte der Nachweis der dabei ent-
stehenden Spaltprodukte, also Elementen
wie Curium und Americium, dar. Insgesamt
fanden sich dort die Überreste von 15 natür-
lichen, etwa 1,7 Milliarden Jahre alten
Atomreaktoren. Zu dieser Zeit lagen noch
etwa 3% des Urans als 235 U vor, während es
heutzutage nur noch 0,7% sind. Die 3%
reichten aus, um unter bestimmten geologi-
schen Umständen eine atomare Kettenreak-
tion zu starten. Wichtig hierbei scheint nach
heutiger Interpretation das Vorhandensein
von hochkonzentrierten, oberflächennahen
Uranerzen im Kontakt mit Wasser gewesen
zu sein, da letzteres die beim 235 U-Zerfall
entstehenden schnellen Neutronen ab-
bremst und dadurch erst die Spaltung weite-
rer Kerne ermöglicht, die wiederum Neutro-
nen freisetzen usw. Die schnellen Neutronen
würden ungebremst einfach von Atomker-
nen abprallen, ohne die Kettenreaktion in
Gang zu setzen. Läuft dieser Prozess eine
Weile, so wird das umgebende Wasser so
stark aufgeheizt, dass es dampfförmig wird.
Damit hört seine Bremswirkung auf und die
natürliche Kettenreaktion klingt ab. Nach
der darauf folgenden Wasserabkühlung
konnte es von vorne losgehen, und man
schätzt, dass es in Oklo bis zu eine Million
Jahre lang solche aufeinanderfolgenden
Kettenreaktionsprozesse gab. Interessanter-
weise entstand bei diesen rein natürlichen
Vorgängen etwa eine Tonne Plutonium,
das aber bis heute wieder fast komplett
zerfallen ist. Es wird angenommen, dass
im Präkambrium, also zu Zeiten hoher 235 U/
238 U-Verhältnisse, noch mehr oder sogar
viele solcher natürlicher Reaktoren existier-
ten. Möglicherweise hatte die dabei er-
zeugte radioaktive Strahlung in Form von
durch sie ausgelösten Mutationen sogar Ein-
fluss auf die Evolution? Auch dies wird dis-
kutiert.
Blei zeigt eine signifikante Häufigkeitsanoma-
lie, was darauf zurückzuführen ist, dass bei Blei
die Zerfallsreihen von Uran und Thorium en-
den.
Ab Element 83 (Wismut) sind die Abstoßungs-
kräfte im Atomkern größer als die Anziehungs-
kräfte, sodass keine stabilen Isotope mehr ge-
bildet werden können. Diese Elemente kom-
men daher nur als mehr oder minder kurzle-
bige (wobei die Halbwertszeit durchaus Milli-
arden Jahre betragen kann!) Zerfallsprodukte
der ebenfalls radioaktiven Elemente Uran (U)
und Thorium (Th) vor. Auch Technetium (Tc)
undPromethium(Pm)sindsolcheaufderErde
ausgestorbenen Elemente, die kein stabiles Iso-
top besitzen.
Betrachtet man nicht die Element-, sondern die
Isotopenhäufigkeiten, so sind aufgrund von
Beiträgen des r-Prozesses neutronenreiche Iso-
tope häufiger als neutronenarme. Neutronen-
armeIsotopeschwererElementeentstehen
überwiegend durch den s-Prozess. Es bestehen
auffällige Häufigkeitsmaxima bei Nukliden mit
den Neutronenzahlen 28, 50, 82 und 126. Der
Search WWH ::




Custom Search