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Kasten 2.12 Warum kristallisieren Feldspäte bei unterschiedli-
chen Temperaturen in unterschiedlichen Kristallsystemen?
niedrigt, das Mineral kristallisiert triklin. Er-
höht man die Temperatur, so werden die
Plätze flexibler, da generell größere Kristall-
gitterschwingungen stattfinden, und die Be-
vorzugung dieses einen Tetraederplatzes
fällt nach und nach weg. Bei hohen Tempe-
raturen ist die Wahrscheinlichkeit, das eine
Al-Atom auf einem der vier Plätze anzutref-
fen, für alle vier Plätze gleich groß (nämlich
25%). Bei den Abermilliarden von Elemen-
tarzellen in einem Feldspatkristall sind damit
statistisch alle Plätze gleich besetzt. Es folgt
eine höhere, die monokline Symmetrie. Die
trikline Tieftemperaturform von K-Feldspat
hat übrigens den Namen Mikroklin erhalten,
die monokline Hochtemperaturform den Na-
men Sanidin (Abb. 2.32). Beim Albit ist es ein-
facher, da gibt es schlicht einen Hoch- und ei-
nen Tiefalbit (ähnlich wie bei Quarz, Cristo-
balit und Tridymit).
Die Erklärung ist sehr ähnlich wie die für den
bei den Pyroxenen und Amphibolen bespro-
chenen Unterschied zwischen den orthor-
hombischen und monoklinen Varianten.
Sind alle gleichwertigen Plätze einer Struk-
tur auch durch gleiche Ionen besetzt, so
kann das gesamte Gitter eine höhere Sym-
metrie erhalten, als wenn die gleichwerti-
gen Plätze durch unterschiedlich große Io-
nen unterschiedlich verzerrt werden. Wäh-
rend man bei den Pyroxenen noch keine hö-
hereStatistikbrauchte(dieM-Plätzewaren
entweder gleich oder unterschiedlich be-
setzt), stellt man bei den Alkalifeldspäten
folgendes fest: bei tiefen Temperaturen gibt
es unter den vier in der Struktur vorhande-
nen Tetraederplätzen einen ausgezeichne-
ten, der das eine Al-Atom bevorzugt auf-
nimmt, die anderen drei nehmen die Si-
Atome auf. Es herrscht also ganz offenbar
keine Gleichbesetzung, die Symmetrie ist er-
sich Keime tatsächlich bilden. Sind aber erst
einmal Keime vorhanden, so werden diese
bevorzugt weiterwachsen, bis die Übersätti-
gung „abgebaut“ ist. Bei besonders schnellem
Wachstum, d. h. bei besonders hoher Übersätti-
gung, entstehen häufig so genannte Skelett-
kristalle oder Dendriten (Abb.2.35).Dassind
gewissermaßen unfertige Kristalle, die in man-
che Richtungen besonders schnell wuchsen, so-
dass zu anderen Stellen des wachsenden Kris-
talls weniger Material vordringen konnte. Hier
bestimmt also nicht der Einbau von Material in
das Kristallgitter, sondern der Transport (Dif-
fusion, siehe unten) von Material in der Lösung
oder Schmelze hin zur Kristalloberfläche das
Kristallwachstum.
Dies legt nahe, dass unterschiedliche Richtun-
gen in Kristallen, also unterschiedliche Kris-
tallflächen, unterschiedlich schnell wachsen.
Da das Kristallwachstum als Verschiebungsge-
schwindigkeit der Kristallflächen in Richtung
einer Flächennormalen (eines auf der Fläche
senkrecht stehenden Vektors) beschrieben
werden kann, ist das Kristallwachstum folge-
richtig anisotrop , d. h. in unterschiedlichen
Raumrichtungen unterschiedlich. Isotrop
hiesse es, wenn es in alle Raumrichtungen
gleich schnell wäre. Es zeigt sich übrigens,
dass im Falle der normalen Kristallisation
(also nicht des Skelettwachstums) am Ende
jene Flächen die Kristallform bestimmen, die
am langsamsten wachsen (Abb. 2.36). Auf der
atomaren Ebene kann man das Kristallwachs-
tum verstehen, wenn man Abb. 2.37 betrachtet:
die Fertigstellung einer kompletten Ebene ist
immerenergetischgünstigeralsderBaube-
ginn einer neuen Ebene. Erstere setzt mehr
Kristallisationsenergie frei und verhilft dem
System damit zu dem gewünschten, möglichst
niedrig energetischen Zustand. Dies begrün-
det auch, dass die uns so faszinierenden ebe-
nen, wie poliert erscheinenden Kristallflächen
ausgebildet werden, und nicht rauhe, „nop-
pige“ Kristalloberflächen vorherrschen. Spie-
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