Geology Reference
In-Depth Information
- Die angewandte Mineralogie wendet mine-
ralogische Methoden (also z. B. Analytik,
Thermodynamik von Mineralen, Kristall-
strukturtheorie) auf industrielle Fragestel-
lungen an, wobei die Untersuchung, Opti-
mierung und Herstellung von Gläsern, Le-
gierungen, Supraleitern, Halbleitern, Ze-
ment, Putz- und Estrichkomponenten oder
keramischen Roh- und Werkstoffen von be-
sonderer Bedeutung ist.
Zur Untersuchung und Beschreibung neuer Mi-
neralien, der speziellen Mineralogie, müssen
noch einige ergänzende Worte gesagt werden.
Damit nicht jeder, der glaubt, etwas Neues ge-
funden zu haben, einfach ein neues Mineral de-
finieren kann, gibt es eine Kommission der In-
ternational Mineralogical Association (IMA),
die über die Anerkennung von neuen Mineral-
namen entscheidet. Nur wenn Zusammenset-
zung, Struktur, Fundort und einige physikali-
sche Eigenschaften wie die Dichte bekannt sind,
darf der Entdecker oder der bearbeitende Wis-
senschaftler einen Namen vorschlagen, der sich
häufig auf den Fundort, die chemische Zusam-
mensetzung, verdiente Mineralogen, den Erst-
finder oder eine besondere Eigenschaft bezieht
(z. B. Hechtsbergit nach einem Fundort im
Schwarzwald; Cualstibit für ein Cu-Al-Sb-Oxid
aus der Grube Clara bei Wolfach; Graeserit
nach dem Mineralogen Stefan Graeser aus Ba-
sel; Wilhelmvierlingit nach einem langjährigen
Mineraliensammler in Ostbayern oder Magne-
tit für ein magnetisches Mineral). Die meisten
Mineralnamenundalleheutzutagevergebenen
enden auf „it“ (englische „ite“). Neben diesen
wissenschaftlichen Namen existieren aber - lei-
der,mussmanwohlsagen-nocheineVielzahl
alter, z. T. sehr plastischer Bergmannsnamen
wiez.B.ZinkblendefürSphalerit,Kupferkies
für Chalkopyrit oder Schwerspat für Baryt so-
wie Unmengen an Varietätsnamen. Allein der
als Edelstein geschätzte Beryll, ein Be-Al-Sili-
kat, heißt Smaragd, wenn er grün ist, Aquama-
rin, wenn er hellblau gefärbt ist, Morganit ist
die rote Varietät und Heliodor die gelbe!
In der Universität ist die Mineralogie die Mate-
rialwissenschaft unter den Geowissenschaften,
sodass heutzutage geowissenschaftliche Frage-
stellungen meist durch Kombination von geo-
logischen, mineralogischen und häufig auch
geophysikalischen Methoden bearbeitet wer-
den. Entsprechend der oben genannten Vielfalt
arbeiten Mineralogen heute außer an Universi-
täten in einer Vielzahl von Industriebetrieben
und Behörden, die mit der Entwicklung, Ge-
winnung oder Qualitätssicherung praktisch al-
ler denkbaren Feststoffe in Verbindung stehen,
vongeologischenLandesämternbishinzu
Steinbruchbetrieben, von großen Glasherstel-
lern bis zu Automobilzulieferern. Die Grund-
lage dafür ist das Verständnis anorganischer
Materie, das im Folgenden gelegt werden soll.
2.2 Kristallgeometrie und
Kristallmorphologie
2.2.1 Symmetrien
Jedem, der zum ersten Mal mit Kristallen zu
tunhat,stechenihrePerfektion,ihreFormen,
ihr Flächenreichtum und ihre Symmetrie ins
Auge (Abb. 2.1). Die Flächen und die Symme-
trien hängen direkt mit dem submikroskopi-
schenInternbauvonMineralenzusammen,
also mit der Anordnung von Atomen in ihrem
Kristallgitter. Wir werden uns im Folgenden
mit der Internstruktur und den daraus resultie-
renden Kristallsymmetrien beschäftigen, denn
erstdieseermöglichendiegenaueBeschrei-
bung einer Substanz und ihre sichere Identifi-
zierung. Darüber hinaus sind sie auch noch für
vieleinteressanteEigenschaftenwiedieDop-
pelbrechung oder die Piezoelektrizität verant-
wortlich.
In diesem Zusammenhang ist der Begriff der
Nah- und der Fernordnung von Bedeutung. Da
bestimmte Anordnungen von Atomen beson-
ders stabil sind, also energetisch besonders
günstig, werden sie in Kristallen bevorzugt. Das
bringt im Endeffekt durch ständige räumliche
Wiederholung dieser Atomanordnungen die
Symmetrien hervor. Dies bedeutet auch, dass
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