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teme wie Faschismus und Realsozialis-
mus „verewigten“ sich bevorzugt in
Standbildern und Denkmälern).
Plastische Kunst tendiert von sich
aus (eher als jede andere) zu Form,
Idee, Naturalismus. Michelangelo:
„Unter Bildhauerkunst verstehe ich die
Kunst, Überflüssiges wegzunehmen,
unter Malerei dagegen eine Kunst, die
ihr Ziel durch Hinzufügen erreicht“. Die
Wiederentdeckung des menschli-
chen Körpers (vom Relief zur Vollplas-
tik; „wirkliche“ Menschen, um die man
herumgehen kann) war ein Meilen-
stein in der Emanzipation von Mystik
und Dogmatismus (Mittelalter) hin zu
einem neuen, humanen und „realisti-
schen“ Menschenbild. Nicola Pisano
schuf um 1260 die erste Aktfigur und
Donatello um 1450 den ersten frei ste-
henden Akt seit der Antike; Michelan-
gelo sezierte heimlich Leichen, um
dem „Geheimnis“ des menschlichen
Körpers auf die Spur zu kommen.
Die Entwicklung der Skulptur ging
der der Malerei stets voraus. Cimabue
und Giotto lernten von Nicola und
Giovanni Pisano, die die Gotik in die
toscanische Kunst einführten, Dona-
tello und Ghiberti inspirierten Masac-
cio, Piero della Francesca und nahezu
alle Maler der Frührenaissance, und
Michelangelo war der erste, der das
klassische Ebenmaß wieder zu über-
winden suchte. Bildhauer waren die
ersten, die ihre Werke „signierten“,
meißelten die ersten Akte, schufen die
ersten Porträts (Büsten), bedienten
sich als erste mythologischer (sprich
heidnischer) Figuren und nahmen als
erste die dritte Dimension (Perspekti-
ve) für sich in Anspruch. Statuen be-
völkern die stolze Steinlandschaft von
Florenz und repräsentieren die unter-
gegangene Republik (während alles,
was unter den Medici entstand, sich in
Galerien, Gärten, Grotten und Höfen
versteckt).
Nicola Pisano (um 1225-80) kam aus
Apulien nach Pisa, wo er 1260 nach römi-
schen Vorbildern die epochale Kanzel des
Baptisteriums vollendete. 1265-1268 schuf
er, unter Mitarbeit von Sohn Giovanni und
Arnolfo di Cambio, die Domkanzel von Siena.
Giovanni Pisano (um 1250-1328) lernte
in der Werkstatt seines Vaters, ehe er 1270-
1275 die Gotik in Frankreich studierte. Er
schuf 1284-1297 in Siena die erste Skulptu-
renfassade Italiens und war zuletzt Dombau-
meister zu Pisa. Eigenständige Kanzeln in Pis-
toia und Pisa (Dom).
Andrea Pisano (um 1290-1348, nicht ver-
wandt) schuf eine Generation später die ers-
te Bronzepforte am Baptisterium von Florenz
(1330-1336) und leitete nach Giottos Tod
den Bau des Campanile (Reliefs). Weitere Ar-
beiten u. a. in Pistoia und Pisa (Santa Maria
della Spina).
Andrea Orcagna (um 1308-1368). Sein
Marmortabernakel von Orsanmichele in Flo-
renz galt seinerzeit als „Weltwunder“. Trat
auch als Maler hervor.
Jacopo della Quercia (um 1374-1438).
Der bedeutendste Bildhauer Sienas verband
die gotische Tradition seiner Heimatstadt mit
der Florentiner Frührenaissance von Donatel-
lo und Ghiberti, mit denen er am Taufbecken
des Sieneser Baptisteriums arbeitete. Sein
schönstes Werk ist das Grabmal der Ilaria im
Dom zu Lucca (1403-1408).
Lorenzo Ghiberti (1378-1455). Von Hau-
se aus Goldschmied, gewann er 1401 den
Wettbewerb für die zweite Bronzetür des
Baptisteriums (u. a. gegen Brunelleschi) und
schuf 1425-1452 auch die Reliefs der dritten
Tür (Paradiespforte) . Außerdem: drei Bronze-
statuen von Orsanmichele (1416-1425). Sei-
ne Schriften („Commentarii“) zählen zu den
wichtigsten Quellen der italienischen Kunst-
geschichte.
 
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