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schwingt der große bronzene Hänge-
leuchter sanft hin und her, der Galileo
Galilei 1587 auf die Gesetze der Pen-
delbewegung gebracht haben soll.
Die bei dem Dombrand von 1595
schwer beschädigte Kanzel Giovanni
Pisanos (1302-11) ist die letzte und
größte, aber nicht unbedingt schönste
der vier, die er und sein Vater Nicola in
Pisa, Siena und Pistoia schufen. Vier
der neun äußeren Säulen sind als Figu-
ren gearbeitet: Erzengel Michael , Chris-
tus mit den vier Evangelisten zu Füßen
(der kniende Atlant unter Johannes
wird als Selbstbildnis Pisanos angese-
hen), Ecclesia , die Personifikation der
Kirche, gestützt auf die vier Kardinals-
tugenden und im Arm zwei Säuglinge
(Altes und Neues Testament), sowie
Herkules . Die Mittelsäule bilden die
Sinnbilder von Glaube, Liebe und Hoff-
nung. Die ehemals farbigen Reliefs der
Brüstung erzählen Szenen aus dem
Leben Christi (Geburt des Täufers, Ver-
kündigung und Heimsuchung, Geburt
und Verkündigung an die Hirten, An-
betung der Könige, Darbringung im
Tempel und Flucht nach Ägypten, Kin-
dermord in Bethlehem, Judas' Verrat
und Geißelung, Kreuzigung und
Jüngstes Gericht) und werden einge-
rahmt von Propheten und Sibyllen.
Mehr als 200 Jahre dauerte der Bau
der 1152 von Diotisalvi begonnenen
Rotunde, trotzdem wirkt sie dank der
am Dom ausgerichteten Grundstruk-
tur völlig einheitlich. Die verschiede-
nen Bauphasen lassen sich trotzdem
deutlich unterscheiden: unten die
Blendarkaden und Säulenloggien aus
dem 12. Jh., darüber gotische Zierfor-
men und Skulpturen der Propheten
und Apostel von Nicola und Giovanni
Pisano, die ab 1260 bzw. 1285 die
Bauleitung inne hatten, und schließlich
die in 55 m Höhe von einer Statue Jo-
hannes des Täufers bekrönte Kuppel,
die 1358 aufgesetzt wurde.
Die Außenfiguren an den Galerien
und Portalen sind Kopien (Originale
im Dommuseum). Das Hauptportal
zeigt an römischer Sarkophagkunst
geschulte Darstellungen der Monate
und Apostel und zwei Szenen aus
dem Leben des Täufers (Tanz Salomes
und Enthauptung, links Taufe Jesu).
Der Innenraum wirkt feierlich und
lichterfüllt. 145 Stufen führen über die
Gallerie hinauf bis ins eindrucksvolle
Innere der zweischaligen Kuppel. Zen-
tral erhöht das spätromanische, mit
Blattwerk und Rosetten ziselierte Tauf-
becken (1246) des Guido Begarelli aus
Como, links davon die epochale Kan-
zel Nicola Pisanos (1255-1260), die
älteste der vier Pisani-Kanzeln. Das
sechseckige Becken wird von sieben
Granitsäulen getragen (Symbolzahl
der Tugenden), von denen drei auf
Löwen ruhen (Symbol der Stärke). Un-
ter den Relieffiguren der Tugenden
ragt die revolutionäre Fortitudo eines
nach antikem Vorbild gemeißelten
Battistero
Wie ein gewaltiger, filigran gehäm-
merter Reliquienschrein steht vor der
Fassade des Doms die Taufkirche.
Die Anlage als freistehender Zentral-
bau geht auf die frühchristliche Traditi-
on zurück, dass nur Getaufte das ei-
gentliche Gotteshaus betreten durften.
 
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