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verhüllte Eroberungsmissionen, schef-
felten einen ungeheuren Reichtum an
Seide, Teppichen, Gewürzen, Gold
und Elfenbein in die Hafenstadt, und
schon Ende des 11. Jh.s waren Pisaner
die ersten Bürger Italiens, die frei über
ihre Geschicke verfügen konnten. 1162
übergab Kaiser Friedrich I. (Barbarossa)
der kaisertreuen Stadt die Verfügungs-
gewalt über die gesamte toscanische
Küste, ihr Machtbereich umfasste zu
dieser Zeit Sizilien, Sardinien, die Ba-
learen und weite Teile Nordafrikas,
Griechenlands und des Nahen Ostens.
Erst Ende des 12. Jh.s (und im Rah-
men des eskalierenden Machtkampfs
zwischen Papst und Kaisertum) sah
sich Pisa der zunehmenden Konkur-
renz anderer Stadtrepubliken, wie Luc-
ca, Siena und Florenz, ausgesetzt. Die
vernichtende Niederlage der pisani-
schen Flotte 1284 bei Meloria (Livor-
no) gegen Genua läutete das Ende der
einstigen Weltmacht ein. Ein Guelfe,
Ugolino della Gherardesca , übernahm
die Macht in der Ghibellinenhoch-
burg, wurde 1288 gestürzt und mit-
samt seinen Söhnen dem Hungertod
überantwortet (Dante, 33. Gesang des
Inferno, s. u.). Mit dem vorzeitigen Tod
Heinrich VII., den selbst Dante als
möglichen „Einiger Italiens“ gefeiert
hatte, ging 1313 auch die letzte Hoff-
nung der Kaisertreuen dahin, die Ge-
schicke noch einmal herumzuwerfen;
der deutsche Kaiser fand seine letzte
Ruhestätte im Dom der Stadt, die ihm
bis zuletzt am treuesten ergeben war.
Politische Machtkämpfe und die
fortgesetzte Verlandung des Hafens
führten zu einem dramatischen wirt-
schaftlichen Verfall. 1406 sah Florenz
die Zeit gekommen, den Rivalen end-
lich loszuwerden und besetzte die ent-
kräftete Stadt. Fast 150 Jahre lang
ließen die Medici die verhasste Stadt
verrotten, ehe sie sich als Großherzö-
ge der Toscana zu großzügigen Förde-
rern (ihres eigenen Ruhms und Vermö-
gens) aufspielten. Sie ließen die Fluss-
läufe des Arno und Serchio regulieren,
bauten Brücken, Kanäle, Kirchen und
Paläste und nicht zuletzt die Univer-
sität, die Pisa vor dem endgültigen Ruin
retten sollte.
Kunst
Pisas Beitrag wirkt auf den ersten Blick
unbedeutender, als er ist. Erst die un-
genierte, pragmatische Weltoffenheit
der Seefahrerrepublik, die mit Koloni-
alwaren aller Art auch Künstler und
Kunstwerke aus dem byzantinischen
und islamischen Raum ins mittelalter-
liche Italien importierte, machte es
möglich, die jahrhundertelange Läh-
mung und Erstarrung des bilderfeindli-
chen Christentums aufzubrechen. Der
frische Wind aus Osten ließ die Pisa-
ner aber auch die Römer in einem an-
deren und neuen Licht sehen, wie um-
gekehrt das klassische Erbe der Antike
maßvoll auf die allzu verschwenderi-
sche und „orientalische“ Lust am De-
kor einwirkte. Die Pisaner Romanik
setzte in der gesamten Toscana (und
darüber hinaus) neue Maßstäbe für
die religiöse Architektur und be-
einflusste auch die großen Kirchen-
bauten von Florenz und Siena ent-
scheidend. Die Wiederentdeckung
 
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