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Lucca
und die eingemauerte, von jedem
Fortschritt abgeschlossene Enklave
verfiel in Stagnation und Rückständig-
keit. Nach dem Zweiten Weltkrieg be-
harrte Lucca als einzige Stadt der ro-
ten Toscana darauf, in ununterbroche-
ner Folge von Christdemokraten re-
giert zu werden, und ist bis auf den
heutigen Tag die einzige, deren Bevöl-
kerungszahl ab- statt zunimmt.
Stolz auf ihre Vergangenheit und al-
les, was sie von der Welt außerhalb ih-
rer Mauern (und damit auch von der
übrigen Toscana!) unterscheidet, be-
wahrt Lucca noch heute den morbid-
nostalgischen Charme eines liebens-
werten Städtchens der Wende vom
19. zum 20. Jahrhundert - nicht zu
groß und nicht zu klein, betriebsam,
aber überschaubar, gemütlich, aber
nicht verstaubt.
Ü VIII/B2-3
„Die Lage gehört zu den schönsten, die
ich je bei einer Stadt gesehen habe.
Rings um die Mauer sind auf dem inne-
ren Wall zwei bis drei Reihen Bäume
gepflanzt. Von außen sieht man nur ei-
nen Wald, der die Häuser verbirgt … “
(Michel de Montaigne, 1581)
Wenn Florenz Hassliebe und Siena un-
erwiderte Liebe ist, dann ist Lucca Lie-
be auf den ersten Blick. Wenn auch
mit Bauchgrimmen. Denn auch Lucca
ist ein Monstrum. Ein liebenswertes
allerdings.
Kein David, kein Schiefer Turm, we-
der Schatzkästlein des Mittelalters
noch Perle der Renaissance. Der
große Tourismus macht einen Bogen
um Lucca. Und doch besitzt die Stadt
etwas so Einzigartiges, dass selbst das
Guiness-Buch der Rekorde geradezu
vor Neid erblasst: die größte vollstän-
dig erhaltene Stadtmauer Europas,
Luccas Segen und Fluch in einem. So
abschreckend, so uneinnehmbar wirk-
te das stolze Bollwerk, das die Stadt
seit dem 16. Jh. schützt, dass es nicht
einmal einer ernsthaften Belagerung
standhalten musste. Als einzige Stadt-
republik der Toscana widerstand Luc-
ca den „machiavellistischen“ Florenti-
nern und sah sich selbst dann noch als
Hort des Bürgertums, als ringsum
längst absolutistische Fürsten herrsch-
ten. Der Preis, den die ebenso reiche
wie frömmelnde „Stadt der 100 Kir-
chen“ dafür zahlen musste, war hoch.
Ihr Festungsring schloss sie ein (kon-
servierte), aber ebenso aus (isolierte),
d
Geschichte
Luk - Sumpf. Das Erbe der Etrusker
scheint noch durch, als die Römer
180 v. Chr. am Ufer des Serchio eine
bedeutende Militärbasis anlegen. Noch
heute markiert nicht wie in anderen
toscanischen Städten der Dom, son-
dern das schachbrettartige Muster des
Forums den Mittelpunkt der Stadt.
Die 570 nach Etrurien eindringen-
den Langobarden erhoben Lucca am
Knotenpunkt der alten Fernstraßen Via
Aurelia/Via Clodia zur Herzogstadt,
und unter den nachfolgenden Fran-
ken Karl des Großen wurde es 774
zum Zentrum der Markgrafen von Tus-
zien und zur führenden Metropole der
Toscana. Die strategisch günstige Lage
 
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