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Pistoia
Geschichte
Ü IX/C/D2
Mehr als die meisten Städte der Tosca-
na hat sich Pistoia die dunkle Atmo-
sphäre des Mittelalters bewahrt.
Nicht nur geografisch, auch kulturell
liegt sie zwischen Pisa und Florenz -
dem „getigerten“ Schwarz-Weiß sei-
ner pisanisch-romanischen Kirchen
steht der eisengraue Stein seiner
Stadtpaläste im Stil der Florentiner Re-
naissance gegenüber.
Im Trecento (Dante) und selbst noch
in der Renaissance (Michelangelo und
Machiavelli) stand die ungebärdige
Stadt, deren Bewohner sich als Nach-
kommen des römischen „Rebellen“
Catilina verstanden, bei ihren Nach-
barn in äußerst schlechtem Ruf. Von
hier nahm der Zwist der Guelfen und
Ghibellinen, der im Mittelalter die ge-
samte Toscana erschütterte, als Famili-
enfehde zweier einander in Blutrache
innig verbundener Clans seinen Aus-
gang. Aus dem Begriff „Pistoieser“
wurde später nicht umsonst Pistole , ein
Wort das vor der Einführung der Feu-
erwaffe einen scharfen, spitzen Dolch
benannte, der in Pistoia ebenso häufig
hergestellt wie benutzt wurde. Aus
den kleinen Mordwaffen entwickelte
sich eine weitere Spezialität der einhei-
mischen Schmiede: die Fertigung von
präzisen chirurgischen Instrumenten.
Heute ist die Hauptstadt der gleich-
namigen Provinz in der fruchtbaren
Ebene des Ombrone am Südabhang
des Apennin ein Zentrum des Gar-
tenbaus und auf der Autobahn von
Florenz aus (35 km) in weniger als ei-
ner halben Stunde zu erreichen.
Aus dem römischen oppidum Pistoriae
(2. Jh. v. Chr.), einem kleinen befes-
tigten Stützpunkt an der Via Cassia ,
entwickelte sich ein wichtiges Han-
delszentrum der Langobarden, ehe Pis-
toia 1115 den Status einer freien Kom-
mune mit selbstgewählten Konsuln er-
langte. Der wirtschaftliche Auf-
schwung durch Handel, Bankwesen
und Tuchproduktion ging einher mit
reger Bautätigkeit; noch vor Ablauf
des Jh.s wurden sämtliche Kirchen er-
neuert sowie der Befestigungswall ver-
größert und mit 60 Wachtürmen ver-
sehen; 1177 gab man sich eine eigene
Verfassung.
Doch die Blütezeit Pistoias hielt
nicht lange. Machtansprüche der guel-
fischen Nachbarn Florenz und Lucca
waren vorprogrammiert, und selbst in-
nerhalb der kaisertreuen Stadt rieben
sich die Anhänger der „Schwarzen“
und „Weißen“ in blutigen Fehden auf.
1254 hatten die mächtigen Nachbarn
Pistoia erstmals militärisch besiegt,
und 1306 folgte nach elfmonatiger Be-
lagerung die endgültige Unterwer-
fung. Ein Jahrzehnt lang hatte der
Luccheser Condottiere Castruccio Cas-
tracani in der Stadt das Sagen, danach
stand Pistoia bis zur Eingliederung ins
Herzogtum Toscana (1530) unter Flo-
rentiner Protektorat.
Während dieser 200 Jahre „relativer
Selbstständigkeit“ wuchs die Stadt auf
circa 12.000 Einwohner an und ent-
stand der Mauerring, der die Altstadt
noch heute umgibt, regenerierte sich
die Wirtschaft und bildeten sich Hand-
 
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