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Sienas Malerei steht unverdienter-
maßen im Schatten der Florentiner. In
der verhältnismäßig kurzen Zeit, in der
sie mit dieser konkurrierte (um 1260-
1360), war sie ihr sogar deutlich über-
legen. Duccio di Buoninsegna (ca.
1255-1318) entdeckte keine neuen
Welten wie sein Zeitgenosse Giotto,
trieb aber die Kunst des Mittelalters
(als eine Synthese aus Byzantinismus
und Gotik) zu einer derartigen Voll-
kommenheit, dass er mit Giotto zum
Wegbereiter der modernen Malerei
wurde. So unterschiedlich ihre Ansät-
ze und Ziele auch waren (hier der ge-
lehrte, kosmopolitische Florentiner,
dort der autodidaktische, heimatver-
bundene Sienese), so schafften sie je-
der auf seine Weise den Ausbruch aus
der in Formelhaftigkeit erstarrten Iko-
nografie des Mittelalters zu einer un-
verwechselbaren und eigenständigen
Bildsprache („Kunst“).
Während Giotto in Florenz über Ge-
nerationen hinweg unerreicht blieb,
entfesselten Duccios Nachfolger in
Siena eine künstlerische Produktivität,
die von der (ganz auf Florenz und die
Renaissance fixierten) Kunsthistorik
bisher noch viel zu wenig gewürdigt
wird. Simone Martini (1284-1344),
Pietro Lorenzetti (ca. 1280-1348)
und vor allem Pietros jüngerer Bru-
der Ambrogio Lorenzetti (ca. 1290-
1348) wagten revolutionäre Komposi-
tionen von bis dahin unbekannter Poe-
sie, Raumaufteilung und Farbnuan-
cierung. Von Ambrogio Lorenzetti,
den selbst Lorenzo Ghiberti, der hun-
dert Jahre später das meistbeachtete
Werk seiner Zeit, die Paradiespforte
schuf, überschwenglich als „einen ein-
zigartigen Meister seiner Kunst und
viel besser und wesentlich gelehrter
als alle anderen“ beurteilte, stammen
außerdem das vermutlich erste, zu-
mindest aber bedeutendste nicht-reli-
giöse Gemälde des Mittelalters (die
Monumentalfresken der Guten und
Schlechten Regierung im Palazzo Pub-
blico, s. Exkurs „Buon e Cattivo Gover-
no“) und wahrscheinlich auch die ers-
ten Stilleben und Landschaftsdarstel-
lungen der abendländischen Kunst
überhaupt.
Über der Malerei nicht zu vergessen
sind die bedeutenden gotischen Stein-
metzarbeiten der „Gastkünstler“ Ni-
cola und Giovanni Pisano und Sienas
großer Bildhauer der Frührenaissance,
Jacopo della Quercia (ca. 1374-
1438), der mit Donatello und Ghiberti
zu den wichtigsten seiner Zeit zählte.
Am Taufbrunnen des Baptisteriums
verewigten sich alle drei einträchtig
nebeneinander.
Orientierung
Siena erstreckt sich über drei bis
300 m hohe, teilweise steil abfallende
Hänge und ist dementsprechend nicht
in Viertel, sondern Drittel (Terzi) ge-
gliedert. Im Südwesten der Terzo di
Città, der älteste Stadtteil mit dem
Dom auf dem höchsten Punkt der
Stadt, im Nordwesten der Terzo di Ca-
mollia mit den Monumentalkirchen
der Dominikaner und Franziskaner zu
Keramiktafel mit Symbol der Tartuca
 
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