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hängeschild der Renaissance wie Male-
rei, Bildhauerei und Architektur.
Frühen literarischen Ruhm erlangte
die Villa durch Giovanni Boccaccios
sinnenfreudige Novellenerzählung De-
camerone. Im Pestjahr 1348 trafen
sich sieben junge Florentinerinnen
und drei junge Männer in der Kirche
Santa Maria Novella und beschlossen,
der fieberkranken Stadt zu entfliehen.
Auf einem Landsitz „kaum zwei Mei-
len von der Stadt entfernt“ harrten sie
zehn Tage lang aus und vertrieben
sich die Zeit damit, indem sie sich Ge-
schichten, eben die des Decamerone,
vortrugen. Um welche Villa es sich
handelte, verschwieg der Dichter frei-
lich, und ganze Generationen von For-
schern und Hobbydetektiven suchten
seitdem vergeblich nach ihr.
Die meisten ehemaligen Landvillen
sind heute in Privatbesitz oder als Kon-
gresszentren o. Ä. zweckentfremdet
und öffnen ihre Pforten keinem ge-
wöhnlichen Sterblichen, schon gar
nicht neugierigen Touristen; andere
stehen leer und verfallen oder wurden
abgerissen wie die Villa Demidoff in
Pratolino, von der nur ein herrlicher
Park übrig blieb. Um sich Ärger und/
oder strikte Abweisung zu ersparen, ist
es ratsam, seine Besuche auf die weni-
gen öffentlich zugänglichen Landsitze
zu beschränken.
Giuliano da Sangallo entwarf das
elegante Patrizierhaus 1480 für Loren-
zo il Magnifico, der die Fertigstellung
seines prachtvollen Besitzes jedoch
nicht mehr erlebte. Nach seinem Tod
residierte der Medici-Papst Leo X. in
den verschwenderisch ausgestatteten
Sälen, und noch vier Jahrhunderte
später erachtete Vittorio Emanuele
den Landsitz eines Königs für würdig.
Poliziano, dem Dichter aus Monte-
pulciano, der hier sein Poem Ambra
verfasst haben soll, verdankt das Ge-
bäude seinen Beinamen Villa Ambra.
Die Fassade mit ihrer mächtigen
Arkadenloggia und der zentralen vor-
gelagerten Tempelfront mit ionischen
Säulen und klassischem Dreiecksgie-
bel mit Terrakottenfries (Kopie aus der
Werkstatt der Porzellanmanufaktur
Ginori , Original von Andrea Sansovino
im Innern) greift direkt auf das Vorbild
antiker römischer Kaiserpaläste
zurück und wurde ihrerseits zum Vor-
bild der europäischen Villenarchitek-
tur bis ins 19. Jh. hinein. Der Aufgang
war ursprünglich gerade, die ge-
schwungene Flügeltreppe kam erst im
18. Jh. hinzu. Filippino Lippis kaum
noch sichtbaren Dekorationen in der
tonnengewölbten Vorhalle (Opfer des
Laokoon) sind eine Anspielung auf
den Mythos der trojanischen Ur-
sprünge von Florenz. An-drea del Sar-
to und Alessandro Allori schufen die
Fresken im Salone di Leone X, den
Vasari als den schönsten Saal der
Welt bezeichnete. Vor allem Pontor-
mos bukolisches Lünettenfresko, ein
Spätsommeridyll mit den Fruchtbar-
keitsgöttern Pomona und Vertumnus
Villa Medicea Poggio a Caiano
Der wohl schönste Landsitz der Medi-
ci liegt inmitten einer weitläufigen
Gartenanlage am Ortsrand von Pog-
gio a Caiano 8 km südlich von Prato.
 
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