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Einführung
nachbarte Prato den Rang ab, und ihre
Museen, Ausstellungen und Festivals
erregen international mehr Aufmerk-
samkeit als in Italien selbst.
Florenz ist ein regelrechtes Paradies
für Kunstliebhaber - man muss nur
darauf vorbereitet sein, diesen Genuss
mit Millionen von Gleichgesinnten zu
teilen. Mit Ausnahme von Venedig
und Disneyworld gibt es keinen Platz
der Welt, auf dem auf so kleinem
Raum so viele Menschen alle das glei-
che suchen.
Die 400 Hotels der Stadt sind prak-
tisch permanent ausgebucht. Die en-
gen, düsteren Straßen, in die nie ein
Sonnenstrahl fällt, hallen wider vom
Höllenlärm der Schulklassen, und je-
der unbedachte Schritt bedeutet
unweigerlich, von einer rasenden
Vespa oder Reisegruppe überrollt zu
werden. Vor allen Restaurants, die von
allen Reiseführern als „Geheimtipp“
empfohlen werden, heißt es sich anzu-
stellen, und vor den Kassen der 50
und mehr Museen steht man sich ein
weiteres Mal die Beine in den Bauch.
Vor den berühmtesten Werken
(Michelangelo über alles!) drängen
sich die Massen qualvoller als in der
Tokioter U-Bahn, und wer das alles
schließlich hinter sich gebracht hat,
dem droht das sogenannte Stendhal-
Syndrom . In jedem Jahr werden Hun-
derte verstörter Touristen aus aller
Welt mit den aberwitzigsten Sympto-
men ins Spital transportiert - die uner-
müdliche Hetze von Kunstwerk zu
Kunstwerk, von Höhepunkt zu Höhe-
punkt hat eine Art Kulturschock zur
Folge.
„Man kann den Namen Florenz nicht
aussprechen, ohne an hohe Paläste im
Mondschein, Gärten, Terrassen, kühle
Kirchen, Pinien und tiefviolette Berg-
schluchten zu denken; hier beginnt das
Land der Träume, hier spielen die No-
vellen des Boccaccio … Ich hielt es bei-
nahe für eine optische Täuschung, aber
diesmal war eines meiner Ideale wahr
geworden… und alles noch unendlich
schöner, als ich es vorher zu denken im-
stande gewesen war … Hier kann man
anständig faulenzen und daneben
doch Fortschritte machen.“
(Jacob
Burkhardt, 1839)
David, Uffizien, Dom, Wiege der Re-
naissance, Heimat von Dante, Miche-
langelo, Machiavelli, Savonarola. Man
kann die Leute schon fast verstehen,
die einen weiten Bogen um Florenz
schlagen. Keine Stadt der Welt, auch
nicht Rom oder Paris, nennt in einem
Umkreis von nur wenigen hundert(!)
Metern eine derart grandiose und
überwältigende Ansammlung von be-
rühmten Kunst- und Kulturschätzen
ihr eigen.
Und doch ist Florenz mehr als nur
ein großes „Freiluft-Museum“, es ist ei-
ne überaus lebendige, attraktive Stadt,
in der es sich auch wohl sein lässt,
wenn man von all der Kunst und Kul-
tur einmal nichts (mehr) wissen will.
So großartig Florenz freilich auch im
Ausland dasteht, im Italien von heute
spielt es nur noch eine untergeordnete
Rolle. Ökonomisch laufen ihr selbst
ehemalige Provinznester wie das be-
 
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