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und den damit einhergehenden „Kampf ums Motiv“ per-
siflierte der Schriftsteller Heinz Tevote in seinem 1906 er-
schienenen Roman „Hilde Vangerow“. Alle Motive seien
längst bekannt und durchnumeriert, heißt es darin. Der
entzückende Schweinekoben trägt die Nr. 64, die Wind-
mühle die Nr. 12, usw. Die guten Motive sind den einhei-
mischen Künstlern vorbehalten, Zugereiste und Schüler
müssen sich mit Sekundärmotiven begnügen. Als schließ-
lich so ein Zugereister ein bis dato unbekanntes Motiv, ein
paar liebliche Blümelein im Katengarten, entdeckt, kauft er
„sein“ unregistriertes Motiv für drei Mark von der Fischers-
frau und schneidet es ab, damit sich kein Konkurrent daran
vergreife. Braune Erdfarbe wird von Türen gekratzt, und
Bäume werden umgehackt, damit ja kein fremder Maler
die „persönlichen, privaten“ Motive stehle und auf die
Leinwand banne. Nach Erscheinen des Romans konnte
sich Tevote in Ahrenshoop nicht mehr blicken lassen.
1909 eröffnete, auf Betreiben von Müller-Kaempf und
seinem Kollegen Theobald Schorn, der Kunstkaten als Aus-
stellungs- und Schauraum für die Ahrenshooper Künstler-
szene seine Pforten. 1922 folgte die Bunte Stube. Der Erste
Weltkrieg, die darauf folgendene Wirtschaftskrise und die
Inflation beendeten die Existenz der Künstlerkolonie Ah-
renshoop, die stets hinter dem bekannteren Worpswede
zurückgeblieben war. Während und zwischen den Welt-
kriegen wohnten nur noch wenige Künstler und Schöngeis-
ter in dem Ort. Erst nach Kriegsende zog es wieder ver-
mehrt Kunstschaffende in die herrliche Landschaft. Neben
einigen Malern, Bildhauern und Kunsthandwerkern wie
Töpfern, Glasbläsern oder Webern siedelten sich zuneh-
mend bekannte Schauspieler, Schriftsteller und andere Pro-
minente der Staatskultur der DDR an.
Seit März 2002 gehört Ahrenshoop EURO-Art an, dem
Netz der europäischen Künstlerkolonien, zu dessen Grün-
dungsmitgliedern es gehörte. Die derzeitigen Mitglieder
Worpswede und Ahrenshoop, Barbizon in Frankreich, Ter-
vuren und Sint-Martens-Latem in Belgien und Oosterbeek
in den Niederlanden taten sich zusammen, um die Tradi-
tion der Künstlerkolonien, ausgehend von Barbizon, zu be-
wahren und weiter zu entwickeln, die gegenwärtige bil-
dende Kunst und Künstler zu fördern. Enge Zusammenar-
beit soll das kulturelle Verständnis unter den Mitgliedern,
seinen Künstlern und der europäischen Region fördern.
 
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