Travel Reference
In-Depth Information
Kaum waren die hirnrissigen Pläne der Militärs
zu Papier, da wurden sie auch schon in die Praxis
umgesetzt. Die Zeichen standen, noch nicht für
jedermann erkennbar, schon längst wieder auf
Krieg. 440.000 Kubikmeter Beton wurden auf das
unschuldige Eiland gegossen, 32.000 Tonnen
Stahl verbaut. Kurz vor dem 2. Weltkrieg glich die
Insel einer einzigen hässlichen Großbaustelle.
Anti-
semitismus
Der lärmende Betrieb, die militärische Präsenz,
der so ganz unhelgoländische Staub und Dreck,
das alles verleidete selbst den glühendsten Insel-
fans den Aufenthalt. Hinzu kamen antisemitische
Aussperr-Aufforderungen, die der damalige Bür-
germeister in Aufbruchstimmung am Anleger auf-
stellen ließ. Den sogenannten Bäder-Antisemitis-
mus, der Juden von den Nordseeinseln fernhalten
sollte, hatte es schon im 19. Jahrhundert gege-
ben. Vor allem der Adel und das gehobene Bür-
gertum, die einzigen Ferienreisenden der imperia-
len Zeit, wehrten sich gegen die wirtschaftlich er-
folgreichen jüdischen Erholungssuchenden, die
ihren pekuniär erreichten sozialen Status demons-
trativ zur Schau stellten und solcherart Neid und
Missgunst erregten. Die Kurverwaltungen mach-
ten diese „Bewegung“ zum Teil willig mit, an der
Spitze Borkum, das sich um die vorletzte Jahr-
hundertwende geradezu zu einer antisemitischen
Hochburg entwickelte. Die letzte Strophe der „In-
selhymne“, intoniert von der Kurkapelle und von
den Badegästen begeistert mitgegrölt, hieß sei-
nerzeit:
„Doch wer dir naht mit platten Füßen,
mit Nasen krumm und Haaren kraus,
der soll nicht deinen Strand genießen,
der muß hinaus! Der muß hinaus! Hinaus!“
Obwohl diese Hysterie sich auch auf andere In-
seln ausbreitete, blieb Helgoland von ihr weitge-
hend verschont; die Insel galt sogar als ausge-
sprochen „judenfreundlich“. In den 1920er Jah-
 
Search WWH ::




Custom Search