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shätzen sih glüklih, in der reihsten aller russishen Städte zu wohnen. Die
meisten Moskauer fahren lieber ins Ausland, als das eigene Land kennenzulernen.
Das ist normal, denn wie überall lokt die Menshen das Fremde. Dazu kommt, dass
ein Flug von Moskau nah Berlin zwei Stunden dauert, nah Genf drei und an die
Strände Ägyptens und der Türkei vier. Ins sibirishe Krasnojarsk hingegen ist ein
Flugzeug fünf Stunden unterwegs, nah Chabarowsk neun.
Die Moskauer mögen es, Provinzlern oder Fremden die Welt zu erklären. Sie war-
en shließlih einmal die Einwohner der Hauptstadt einer Supermaht, die den
Vereinigten Staaten Konkurrenz mahte. Umgekehrt shätzen sie es niht, von
Fremden belehrt zu werden. Stellen Sie sih darauf ein, und seien Sie selbst neu-
gierig. Die Moskauer sind stolz darauf, die Krise überwunden zu haben und heute
in Wohlstand und relativer Stabilität zu leben. Ehe Sie also dazu ansetzen, darüber
zu sprehen, wie shlimm doh die Bürger- und Menshenrehte verletzt werden, wie
korrupt die Elite sei, bedenken Sie eines: Die Russen haben in den Neunzigern in-
nerhalb von gerade fünf Jahren rund sehzig Prozent ihres Einkommens verloren.
Und sie haben dennoh keinen Kommunisten oder radikalen Nationalisten ins
Präsidentenamt gewählt. Dies ist eine beahtlihe Leistung. Stellen Sie sih das nur
einmal für sih und Ihre Familie und Deutshland als Ganzes vor. Wie würden Sie
reagieren, wenn Sie Jahr für Jahr mehr als zehn Prozent Ihres Einkommens ein-
büßen würden? Für welhe Parteien würden die Deutshen dann stimmen? Dies ist
keine Rehtfertigung für Manipulationen bei den Wahlen, Gängelung der Presse
und die gelegentlih aulammende Fremdenfeindlihkeit.
Als Deutsher sind Sie in Moskau und Russland auh heute noh hoh angesehen.
Einer Umfrage der »Russishen Akademie für Staatsbedienstete« zufolge, die im
Autrag der Präsidentenverwaltung küntige Spitzenbeamte ausbildet, shauen 64
Prozent der Russen »mit Sympathie oder großer Sympathie« auf uns Deutshe. Nur
aht Prozent mögen die Deutshen niht.
Russen loben den deutshen Fleiß, die Disziplin und Pünktlihkeit. Sie sind
überzeugt davon, dass Deutshe und Russen einander gut ergänzen, eben weil
Russen bei den Eigenshaten, die sie an den Deutshen loben, auh nah eigener
Einshätzung zu kurz gekommen sind. Der 1884 in Moskau geborene Philosoph
Fjodor Stepun, der nah der Revolution von 1917 nah Deutshland auswanderte,
shrieb: »Ohne eine Minute zu zögern, behaupte ih, dass von allen Völkern Europas
nur Russland und Deutshland einander so nahe sind, wie Goethe die Nähe in dem
Begrif der Wahlverwandtshaten beshrieben hat. Russland ist durh und durh
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