Travel Reference
In-Depth Information
»In einer solhen Situation haben Helmut und ih öter die ganze Diplomatie ver-
gessen.«
Sogar das Ende des Kommunismus hat Jelzin letztlih in der Banja herbeigeführt.
Das klingt nur für den wie eine Übertreibung, der nie eine besuht hat. Ih traue
dem höllishen Dampf jedenfalls alles zu. Jelzin war gerade von seiner USA-Reise
zurük und relektierte über das, was er gesehen und erlebt hate, natürlih in einer
Banja. »Damals hat sih meine Weltanshauung geändert. Ih habe begrifen, dass
ih wegen meiner sowjetishen Erziehung, mithin aus Gewohnheit und niht aus
Überzeugung, Kommunist war. Dieses Shwitzbad ist mir unvergesslih geblieben«,
shreibt er in seinen Memoiren. Und dann stellt er fest: »Dass all dies im Sh-
witzbad geshah, hat für mih eine symbolishe Bedeutung. Das Shwitzbad reinigt.
Dort sind alle Gefühle rein und die Menshen nakt.«
So sind Banja und Politik in Russland mitunter auf wundersame, manhmal aber
auh auf fatale Weise verquikt. Zur Stalinzeit galt Menshen aus der Umgebung
des Diktators die Tatsahe, ob der gebürtige Georgier zusammen mit anderen Gen-
ossen in die Banja ging oder Körperplege individuell betrieb, als Gradmesser seiner
Grausamkeit. In den Dreißigerjahren, am Vorabend der brutalen Repressionen ge-
gen Parteigenossen und Andersdenkende, stellte Stalin den kollektiven Banjabesuh
ein. »Genosse Kirow war im Winter 1934 zu Besuh. Zu zweit waren sie im Dampf-
bad. Seitdem war Stalin nie mehr in der Banja«, shrieb ein Oizier aus Stalins
Leibwahe. Der Journalist Dmitrij Saharin stellte fest: »Die Rükkehr ins ge-
meinshatlihe Baderitual fällt in die Tauweterperiode der Fünfzigerjahre, als im
politishen Leben nah der Wiederherstellung der kollektiven Führung in der Partei
eine gewisse Liberalisierung spürbar wurde.«
Einem Sakrileg kam es gleih, als Generalsekretär Nikita Chrushtshow sih
vom innishen Präsidenten Urho Kekkonen, einem ehemaligen Spitzensportler, die
Erlaubnis zum Beitrit Finnlands zur Europäishen Freihandelsassoziation (Eta)
ausgerehnet in dessen Sauna abringen ließ. Außenminister Wjatsheslaw Molotow
konnte Chrushtshow nie verzeihen, dass er mit einem bourgeoisen Präsidenten
ohne Anzug und Krawate und vollkommen ausgezogen große Politik betrieben
hate. In der Anklage des Zentralkomitees der KP hieß es, Chrushtshow habe sih
entehren lassen, indem er sih nakt in der Gesellshat eines westlihen Politikers
gezeigt habe.
Ah ja, auh die Sauna, die verruhte Shwester der Banja, hat ihren festen Platz
in der zeitgenössishen Geshihte Russlands. In einer Sauna auh spielte Mite der
Search WWH ::




Custom Search