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hat die ganze Gesellshat durhdrungen. Alle Versuhe, von Seiten des Staates den
Alkoholpegel des Volkes zu senken, sheiterten. Zar Iwan III. (1440-1505) führte
1472 das erste Wodkamonopol des Staates ein, an das sih aber fern von Moskau
niemand hielt. »In Russland mit seinem frostigen Klima und seiner qualvollen
Geshihte sind Wodka und Alkohol die Drogen, die den Menshen die Krat geben,
weiterzuleben«, stellte der Shritsteller und Publizist Igor Jarkowitsh lakonish
fest.
Mihail Gorbatshow, im Westen der Mann, der die Berliner Mauer zum Einsturz
brahte und den Kalten Krieg beendete, ist für die meisten Russen der Mann, der die
Shlangen vor den Geshäten länger und länger werden ließ: erst vor den Alkohol-
geshäten, dann vor Bäkereien und Zigaretenkiosken. Gorbatshow war kaum
zum Chef der Kommunistishen Partei ernannt worden, als er eine Anti-Alko-
holkampagne startete und in den Weinbergen im Kaukasus und auf der Krim die
Rebstöke vernihten ließ. Er shloss innerhalb von sehs Monaten die Hälte aller
Alkoholgeshäte, verdoppelte die Preise für Spirituosen und verbot Alkohol bei öf-
fentlihen Empfängen und Hohzeiten. Seine dienstbelissenen Beamten strihen
Stellen mit Alkoholbezug aus den Werken von Literaturklassikern wie Alexander
Pushkin. Alsbald verspotete das Volk den Generalsekretär als Mineralsekretär,
Gorbatshows Popularität sank shnell und seine Landsleute lühteten sih in den
Samogon, den selbst Gebrannten. Das Shwarzbrennen mahte Zuker zur Mangel-
ware. Verzweifelte Trunksühtige shlukten Rasierwasser und alkoholhaltige
Putzmittel. In Sibirien starben dreißig Waldarbeiter, die Bremslüssigkeit getrunken
hatten. Trotz des vollen Einsatzes des mähtigen Sowjetstaates und seiner Propa-
gandamashine war Gorbatshows Kampagne ein Fehlshlag - ähnlih wie die Pro-
hibition in den Zwanzigerjahren in Amerika.
Wenigstens ging der Staatshef selbst mit gutem Beispiel voran. Es ist niht
bekannt, dass er jemals betrunken war, allerdings kämpte sein Shwager Jewgenij,
Bruder von Raissa Gorbatshowa, mit der Trunksuht. Raissa soll Gorbatshow zu
der Kampagne gedrängt haben. Niht immer allerdings waren die Männer an der
Spitze des Staates leuhtende Vorbilder der Enthaltsamkeit. Peter der Große galt als
gefürhteter Trinker. Ausländishe Vertretungen hielten sih eigens Diplomaten, die
darauf trainiert waren, sih vom Zaren niht unter den Tish trinken zu lassen.
Stalin nutzte nähtlihe Saufgelage, um Mitstreiter auszuhorhen und zu demüti-
gen. Seinen Nahfolger Nikita Chrushtshow ließ er auf dem Tish tanzen. Leonid
Breshnew brüskierte Helmut Shmidt mit seiner Trinkerei. Boris Jelzin, der erste
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