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Das ein oder andere Gelage gibt den Blik frei auf den insteren Teil der ot bes-
hriebenen russishen Seele. Manhe meinen gar, dass es sie ohne Wodka gar niht
gäbe. Denn Wodka trinkt man in Russland niht nur, um zu vergessen oder um
Probleme zu verdrängen. Mit seiner Hilfe tauht man vielmehr in tiefste existenzi-
elle Abgründe. Betrunkene Russen lassen sih über die Sinnlosigkeit des eigenen
Seins aus und klagen je nah Bildungsniveau entweder über die Shwiegermuter
oder über die »ewige Wiederkehr des Gleihen« (Friedrih Nietzshe).
Wenn sih dann am nähsten Tag einer Ihrer neuen russishen Bekannten ver-
shwörerish vor Sie stellt und augenzwinkernd mit dem Zeigeinger der rehten
Hand gegen die rehte Halsseite shnakst, will er keinesfalls auf Halsshmerzen
oder das Fehlen eines Shals aufmerksam mahen. Der Mann lädt Sie erneut zum
Wodkatrinken ein. Die Geste geht auf folgende Legende zurük: Ein shwerer Sturm
hate den Turm der Petersburger Peter-Paul-Kathedrale beshädigt. Niemand aber
vermohte es, das Dah zu reparieren. Shließlih gelang es einem Leibeigenen, den
Shaden ohne Gerüst zu beheben. Als Dank shenkte ihm der Zar einen Beher, mit
dem er in jedem russishen Gasthaus Wodka trinken durte. Im Raush allerdings
verlor er das Trinkgefäß. Der Zar ersetzte den Beher. Der Leibeigene allerdings
verlor ihn wieder und wieder, bis der Zar verfügte, dem Untertan unterhalb des
Kieferknohens ein Zeihen auf den Hals zu brennen. Nun musste er nur noh auf
das Brandmal deuten, damit ihm kostenlos Wodka eingeshenkt wurde. Seitdem
bedeutet das Antippen dieser Stelle etwa: »Komm, lass uns einen Wodka trinken.«
Wenden Sie die Geste an, gelten Sie sofort als Insider, ein shönes Gefühl, wenn Sie
womöglih erst drei Tage in der Stadt sind. Sie müssen allerdings die Konsequenzen
tragen. Ih habe Sie gewarnt!
Die Trunksuht hat in Russland eine lange Tradition. Der arabishe Reisende Ibn
Fadlan stellte bei seinen Expeditionen shon 921 verwundert fest: »Sie trinken Tag
und Naht, so dass manhmal einer mit dem Beher in der Hand stirbt.« Damals
handelte es sih um Bier und Met. Wodka wurde im 15. und 16. Jahrhundert erfun-
den. Polen und Russen streiten leidenshatlih um die Urhebershat. Der inzwis-
hen verstorbene Moskauer Historiker William Pohljobkin, der eine »Geshihte
des Wodkas« geshrieben hat, hielt selbstverständlih seine Hauptstadt für die Ge-
burtsstäte des »Wässerhens«. Wodka ist die Verkleinerungsform des russishen
Wortes für Wasser, Woda. Der Name hat sih allerdings erst im 19. Jahrhundert
durhgesetzt, zuvor irmierte das Getränk als »russisher Wein«.
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