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Die Nacht, in der ich ein Russe wurde
Was Sie wissen müssen, wenn Sie
in Moskau Wodka trinken
Es ist nun beinahe zwanzig Jahre her, dass ih zum Russen wurde. Und das kam so.
An einem heißen Morgen im Juni führten mih meine Reherhen über die explodier-
ende Bandenkriminalität in eine Moskauer Leihenhalle. Der Verwesungsgeruh
hing mir stundenlang in der Nase. Meine Bürohein empfahl mir ein Glas Wodka.
Ih trank zwei Gläser, und das auf nühternen Magen, denn gefrühstükt hate ih
niht, und das Mitagessen, gebratene Fleishbällhen, wäre mir nah dem Anblik
der vielen Toten im Halse steken geblieben.
Am frühen Abend dann ließ ih mih bei der Hohzeiteines Freundes auf ein
Wettrinken ein. Ih und mein deutsher Journalistenkollege Jakob gegen die an-
wesenden Russen. Wir tranken wild durheinander: zuerst Sekt, der viel zu süß
shmekte, dann Wodka, das russishe Nationalgetränk, eiskalt und weih im
Abgang. Ein Gast am hinteren Ende des Tishs erhob das Glas auf den berühmten
Chemiker Dmitrij Mendelejew (1834-1907), dem die Welt niht nur das Periodensys-
tem der Elemente verdankt, sondern - viel wihtiger - auh eine Untersuhung des
Wodkas. Mendelejew legte den optimalen Alkoholgehalt im russishen Wodka auf
vierzig Prozent fest. Der Trauzeuge shließlih zitierte bei seinem Trinkspruh den
Dihter Wladimir Majakowskij (1893-1930): »Es ist besser an Wodka zu sterben stat
vor Langweile.«
Rein wissenshatlih gesehen ist kein alkoholishes Getränk so rein und gut ver-
träglih wie Wodka. Meist wird er aus einer Mishung von Roggen und Weizen
hergestellt, die zu einer Maishe vergoren und durh Aktivkohle destilliert wird. Das
ist die heorie. In der Praxis wurde für mih allein die Menge des konsumierten Wod-
kas zum Problem. Zudem tranken wir zum Dessert noh Wein und Cognac und ein-
ige Gläser Jorsh, einen Coktail aus Wodka und Bier, getreu dem alten russishen
Sprihwort, dass ein Bier ohne Wodka so fad ist wie eine Hohzeit ohne Musik.
Wenigstens wurde der Jorsh klassish gereiht, also im Verhältnis von 500 Gramm
Bier und fünfzig Gramm Wodka. Eine andere Jorsh-Methode heißt übersetzt »Treib
den Bären aus der Höhle« und geht so: Man füllt ein Halbliterglas mit Bier und
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