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französisher Rotwein benutzt, um Glühwein zu mahen, oder ein Kilo shwarzer
Kaviar als Ashenbeher missbrauht«, ereifert sih Komm.
Seine »Barbaren« hat er im sehsten Stok eines eleganten Neubaus am
Boulevardring eingerihtet, der Straße, die das Zentrum Moskaus in Kreisform um-
gibt. Hier lanieren die Moskauer im Shaten von Kastanien, Ahorn und Pappeln.
Wenn im Frühsommer die Pappeln blühen, weht der »Stalinshnee« weiße Floken
durh das Zentrum der Stadt. Ein Taxifahrer hat mir erzählt, woher dieser Aus-
druk kommt. Die Pappeln wurden in den Fünfzigerjahren geplanzt, in den letzten
Regierungsjahren des Diktators.
Die »Barbaren« liegen zwishen Kirhe und Kasino, manhe sagen auh zwis-
hen Kirhe und KGB. Denn das Kasino, das mit greller Reklame und einem steil
von einem Betonpodest aufragenden Rolls-Royce für sih wirbt, soll, so heißt es, von
Hintermännern aus der KGB-Nahfolgeorganisation FSB gesteuert werden, dem In-
landsgeheimdienst. An der Fassade prangen Eurozeihen und Europafahne. Das
Kasino hat sih den Namen »Europa« gegeben. Das mag man als Ironie verstehen,
denn shließlih besteht die Anziehungskrat Europas eher in Freiheit und Wohl-
stand als in Spielhöllen. Oder als Verbeugung vor der Wirtshatskrat der Europäis-
hen Union, ist der Euro doh dabei, den Dollar als Leitwährung abzulösen. Viel-
leiht ist der Name auh als feine Anspielung auf die vielen Russen gemeint, die ihr
Glük in den Casinos von Baden-Baden und Wiesbaden versuhten und heute
wieder versuhen? Einer der größten russishen Shritsteller, Fjodor Dostojewskij
(1821-1881), hat ihnen in seinem Roman »Der Spieler« ein literarishes Denkmal
gesetzt. Oder sind die Eurozeihen shlihter Ausdruk des Moskauer Zeitgeistes, in
dem Geld alles ist?
Inmiten des Verkehrslärms und der hektishen Betriebsamkeit auf den Bürger-
steigen wirkt die Kirhe zur »Geburt der Gotesmuter« dagegen wie ein Mahnmal.
Sie erinnert daran, dass das heutige Moskau, eine Megastadt, deren Silhouete sih
so shnell ändert wie keine andere in Europa, auf einer über Jahrhunderte gewah-
senen Tradition gründet. Zwishen Rouletetish und Altar, zwishen Sündenpfuhl
und Heiligkeit hat Komm seinen Tempel des fein orhestrierten Genießens geshaf-
fen, eine Oase intellektueller Ruhe, die dadurh entsteht, dass Komm mit Tradition-
en briht, um sie im neuen Gewand wiederauferstehen zu lassen.
Igor, ein Ober, empfängt die Besuher auf Deutsh und stellt die beiden Menüs
vor, deren Namen Programm sind: die »Russishe Tradition« und die »Russishe
Renaissance«, rund 150 Euro für jeweils aht Gänge. Komm greit auf Althergeb-
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